Im Holzberg nichts neues?

Es klingt fast wie ein Vorwurf! Es sei doch sehr ruhig geworden in der Auseinandersetzung um die Zukunft eines unserer schönsten und größten Klettergebiete hier in der Region. Das bekomme ich in letzter Zeit immer wieder zu hören. Bei der Sicht von außen mag dieser Eindruck entstehen. Doch er täuscht! Machte man sich die Mühe, hinter die Kulissen zu schauen, dann würde man staunen. Nach wie vor engagieren sich viele Leute, opfern ihre Freizeit, kämpfen mit den Behörden und wünschen sich vor allem noch mehr Unterstützung.

Das Flachwasserbiotop im Holzberg vom Sektor „Valentinstag“ aus gesehen.

Nichtdestotrotz ist es ernüchternd, wenn man sich den momentanen Status Quo in Sachen Klettern am Holzberg anschaut. Das ist sicher der naheliegendste Grund, warum die Leute das Gefühl haben, es herrsche Stillstand am Holzberg. Doch das wichtigste wird dabei vergessen. Seit die Auseinandersetzung um die geplante Nutzung des ehemaligen Steinbruchs und jetzigen Naturparadieses als Erdaushub- und Bauschuttdeponie der Firma KAFRIL Ende 2018 begann, ist kein einziger LKW in den Holzberg eingefahren. Und so wie ich die Sache einschätze, wird das auch nie passieren. Zu groß wäre der Aufschrei der Öffentlichkeit, wenn die Genehmigung einer Deponie im Holzberg doch noch erteilt würde. Zu groß der Widerstand von Böhlitzer Bürgern, Naturschützern und Kletterern. Zu heftig wäre der Schaden für das Image des Grosszschepaer Tiefbauunternehmens.

Judith an einem traumhaft schönen Septemberabend im Holzberg.

Doch sich selbst enorm geschadet hat das Unternehmen schon jetzt. Und das ist für mich besonders unverständlich. Die Politik hatte dem Unternehmen KAFRIL die Hand gereicht. Das wertvolle Biotop im Holzberg sollte geschützt und gleichzeitig KAFRIL ermöglicht werden, ohne Gesichtsverlust und auch ohne finanzielle Einbußen aus der Sache rauszukommen. Ein Ersatzstandort wurde gefunden, Geld zur Verfügung gestellt, um die Leipziger Sektion des Deutschen Alpenvereins in die Lage zu versetzen, KAFRIL den Holzberg abzukaufen, um dort die „Natur- und Bergsportregion Holzberg“ zu entwickeln.

Janina misst den „Valentinstag“ aus und Mario spielt Spiderman an der Sonnenplatte und testet die Reibungseigenschaften seiner neuen Kletterschuhe.

Die Reaktion von KAFRIL ist bekannt. Die Kletterer wurden rausgeworfen, die Frist zum Kauf ließ die Baufirma verstreichen und den Ersatzstandort machte KAFRIL mit der Begründung schlecht, dass man dort ja nicht verfüllen könne, weil es bis dato keine Genehmigung dazu gibt. Die gibt es für den Holzberg aber schon gar nicht. Und meines Erachtens kann und wird es die auch nie geben.

Nicht weniger als 18 streng geschützte Arten, die auf der „Roten Liste“ stehen, können heutzutage Gott sei Dank nicht so einfach zugeschüttet werden. Da sind die Gesetze eindeutig und würden sie gebrochen, wären jahrelange Gerichtsverfahren die Folge. Der Holzberg wäre für KAFRIL auf viele Jahre hinaus ein betriebswirtschaftliches Grab ohne jeden Nutzen, trotzdem müsste man sich endlos vor Gericht um ihn streiten.

Mario lässt Spanien hochleben und hat keine Blumen für den Valentinstag dabei.

Da frage ich mich doch sogleich, warum man bei KAFRIL nicht erkennt, dass diese Strategie im Umgang mit der Causa Holzberg mit verantwortungsvoller Unternehmensführung nichts zu tun hat. Das Ergebnis wird nämlich sein, dass man Ende alle verprellt hat.

Die Landespolitik, die es in bemerkenswerterweise geschafft hat, zu vermitteln und einen tragfähigen Kompromiss zustande zu bringen. Sie wird sich in Zukunft drei Mal überlegen, ob sie einer renitenten Firma bei Verhandlungen über mögliche Deponie-Standorte weiter beistehen will.

Die Kletterer sowieso. Sie spielen eine besondere Rolle, saßen sie zu Beginn der Auseinandersetzungen zwischen allen Stühlen. Sie hatten es schwer, nicht unter Verdacht zu geraten, nur ihre Interessen durchsetzen zu wollen. Ich höre diesen Vorwurf immer wieder, und das ärgert mich. Diese Interessen, nämlich ungestört von dem Lärm und dem Anblick von einfahrenden LKWs im Holzberg zu klettern, haben sie selbst und sehenden Auges torpediert. Und zwar just in dem Moment, als sie sich, statt die Füße still zu halten, gegen den Eigentümer ihres Kletterrefugiums auf die Seite derer stellten, die eines der artenreichsten Biotope in ganz Sachsen vor dem Zuschütten retten wollten. Ich bin wahnsinnig stolz darauf, dass wir das so eindeutig und kompromisslos gemacht haben und dass der Widerstand in den Klettererkreisen gegen diese Haltung bis heute weitgehend ausgeblieben ist. 

Die Protestaktion am Holzberg kurz vor der Schließung am 21. April 2022 war ein großer Erfolg. Im Bild Lutz Zybell bei der Installation des Riesenplakates.

Die Naturschützer, die zurecht darauf pochen, dass man in Zeiten eines katastrophalen globalen Artensterbens nicht einfach ein wertvolles Biotop direkt vor der Haustür in eine Deponie verwandelt darf, zumal es dafür gute Alternativen gibt.

Und nicht zu letzt viele Böhlitzer Bürger, die besonders hartnäckig und engagiert für den Erhalt ihres Holzberges direkt vor der Haustür kämpfen.

Eine Schlingnatter im Holzberg.

KAFRIL hat mit seiner extrem unnachgiebigen Haltung ein schlagkräftiges Bündnis von Verfüllungsgegnern geformt, an dem niemand mehr vorbei kommt. Doch das muss natürlich auch dann so stark bleiben, wenn der Holzberg zunehmend aus dem Focus der Öffentlichkeit verschwindet. Und da spreche ich in erster Linie uns Kletterer an. Aus den Augen darf nicht aus dem Sinn sein, sonst rollen womöglich doch irgendwann die Abraumkipper in den Holzberg.

Dies hier ist der 11. Artikel, den ich auf meiner Homepage zum Thema Holzberg veröffentliche, und es ist vielleicht der wichtigste. Wir müssen unbedingt noch einmal mobilisieren, vor allem was die Petition anbetrifft. Stand heute (23.02.) um 12.30 Uhr haben wir 34464 Unterschriften gesammelt. Wir können und müssen noch mehr schaffen, bis die Petition am 20. April 2023 beendet wird.

Petition zur Holzbergrettung 

Wir brauchen aber auch weiterhin Geld für die Erstellung von Gutachten und die immer wahrscheinlicher werdende gerichtliche Auseinandersetzung. Deshalb bitte ich hier noch einmal um Eure Unterstützung.

Hier geht es zur Spendenplattform vom BUND Ortsgruppe Böhlitz 

Vielen Dank für Euer Interesse und Eure Hilfe!

Die nächste Klettersaison ist nicht mehr fern und dafür wünsche ich Euch immer eine handbreit Luft unter dem Hintern und stets einen aufmerksamen Sicherer.

Mich findet ihr in den kommenden Wochen wie immer zu dieser Zeit des Jahres in Nepal. Wer mehr über diese Tour erfahren und wissen will, wie es uns zwischen den Weltbergen ergeht, der wird hier auf dieser Seite fündig.

 

Die Artikel zum Holzberg auf dieser Homepage chronologisch geordnet:

Gefahr im Verzug (03.12.2018)

Holzberg-Update (15.03.2019)

Holzberg: Das Gutachten (21.05.2019)

Holzberg Update-Feuer frei (22.08.2019)

Zeichen noch ohne Wunder (10.09.2019)

Holzberg-Die Wende (26.11.2019)

Holzberg-Update: Guter Start (29.01.2020)

Holzberg-Eskalation (23.04.2020)

Holzberg-Auf der Zielgeraden? (15.07.2021)

Kletterverbot im Holzberg (23.04.2022)

 

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3 Antworten

  1. Detlef Weyrauch sagt:

    Lieber Olaf, den Holzberg kenne ich zwar aus eigenem Erleben nicht. Mit der Sache beschäftige ich mich allerdings schon seit geraumer Zeit. Als Unterzeichner der Petition zur Rettung des Holzberges bekomme ich regelmäßige Infos von Uta Strenger. Auch deine Beiträge dazu sind sehr hilfreich, dass sich viele Menschen mit der Rettung dieses Biotops solidarisieren. Unsere Sektion Halle (Saale) des DAV hatte auf der Homepage darüber informiert. Im Mai 2022 hatten wir eine Videokonferenz mit Toni Werner, dem 1. Vorsitzenden der Sektion Leipzig des DAV, während der er uns umfassend informiert hat. In der Folge hat unsere Sektion 500 € an den BUND Ortsgruppe Böhlitz gespendet. Wir sollten mit der Unterstützung nicht nachlassen, bis der Holzberg tatsächlich gerettet ist. Für deine Nepal-Tour wünsche ich dir und deinen Gästen tolle Erlebnisse. An die beiden Touren in den Jahren 2002 und 2019, an denen ich teilnehmen durfte, denke ich immer noch sehr gerne zurück. Die Erlebnisse bleiben im Gedächtnis eingebrannt. Viele Grüße Detlef

    • Olaf Rieck sagt:

      Hallo lieber Detlef,
      vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar und Dank auch an die Sektion Halle des DAV für die großzügige Spende!

      Herzlicher Gruß Olaf

  2. Danke Olaf für Deinen eindrucksvollen unermüdlichen Einsatz. Du kennst viele der ganz großen, verrücktesten, extremsten und exotischsten Bergwelten unseres Planeten und doch schlägt Dein Herz für den kleinen Holzberg. Das sagt eigentlich schon alles über die Magie dieses landschaftlichen Kleinods und seiner lebendigen Natur. Würden wir solche Orte aufgeben, so würden wir uns selbst aufgeben. Wenn wir solche Orte verlieren würden, dann ginge auch ein Stück von uns selbst, von unserer Identität, verloren. Deshalb ein Dank an alle, die uns nun im 5. Jahr des Kampfes um die Holzbergrettung unterstützen.

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