Quitaraju

Manchmal wundert es mich noch. So etwas wie einen Wecker haben wir hier nicht dabei. Trotzdem war ich wie geplant Punkt fünf Uhr munter. Meine innere Uhr arbeitet präzise. Aber an Aufbruch nicht zu denken! Es schneite immer noch. Die ganze Nacht schon prasselten Schneeschauer auf unser Zelt. Doch plötzlich war Ruhe eingekehrt. Kurz nach sechs Uhr klarte es auf. Innerhalb von Minuten schlug das Wetter um. Von sehr schlecht auf richtig schön. Wenn einen so ein Umschwung in der umgekehrten Richtung am Berg erwischt, dann braucht man gute Schutzengel. Und das Wetter hier ist derzeit wirklich extrem unbeständig. Es schneit täglich stundenlang, ab und zu scheint dann auch mal kurz die Sonne.

Der letzte Blick kurz unter dem Gipfel des Quitaraju auf den Alpamayo und die umliegenden Sechstausender. Kaum zu glauben, aber eine knappe Stunde später schneite es.

Wir beschlossen, trotz des extrem unbeständigen Wetters einen energischen Versuch am Quitaraju zu unternehmen. Es sollte möglichst wenig oder am besten gar nicht gesichert werden, um so schnell wie möglich unterwegs sein zu können. Schnell und dementsprechend spartanisch gestaltete sich dann auch das Frühstück. Schon 7.20 Uhr brachen wir auf. Natürlich ist das sehr viel zu spät. Normalerweise gehen die Leute hier bald nach Mitternacht los. Wir fanden auf Anhieb einen gangbaren Weg über die verschiedenen Bergschründe. Dann stiegen wir in die etwa 600 Meter hohe Eiswand ein. Es ging sehr rasch vorwärts. Wir verzichteten auf das Seil. Auch der in der Nacht gefallene Schnee stellte kein Problem dar. Die Wand war steil genug, so dass sich der Neuschnee nicht halten konnte. Die Bedingungen meinten es wider Erwarten sehr gut mit uns.

Solche Gipfelfotos sind schon irgendwie frustrierend. Erstens könnten sie überall gemacht sein und zweitens möchte ich vom Gipfel gern etwas sehen.

Im oberen Bereich etwa 50 m unterhalb des Gipfelgrates wurde aus Firn und Eis weicher, haltloser Schnee, so dass ich Jacob doch noch eine Seillänge sichern musste. Das kurze Wetterglück hatte uns zu diesem Zeitpunkt leider schon wieder verlassen. Auf den letzten Metern bgann es sogar zu schneien. Gott sei Dank klarte es beim Abstieg immer mal wieder auf und blieb windstill. Um die weiche, instabile und dennoch steile Schneepassage zu meiden, wählten wir für den Abstieg die Falllinie in der Eiswand. Das war zwar deutlich steiler, aber wenn die Eisgeräte und die Frontzacken der Steigeisen guten Halt finden, ist das allemal weniger beängstigend als das Gewühle in haltlosem Schnee.

Jacob beim Abstieg in der Steilwand. Er hat gestern eine großartige Leistung abgeliefert.

Auf dem Abstieg sind bzw. mussten wir auch wieder frei klettern. Um abzuseilen, hätten wir mindestens zehn bis fünfzehn große Firnanker gebraucht. Nur solche Dinger halten hier einigermassen. Eissanduhren, mit denen wir geplant haben, kann man momentan am Quitaraju nicht einsetzen. Wir besitzen exakt einen großen Firnanker für den Notfall, den wir auch immer dabei haben. Mehr von diesen Riesenteilen können wir beide einfach nicht tragen. Dazu braucht man auch hier Hochträger, die alle anderen außer uns im Basislager auch haben. Es ging auch ohne die Schneeanker und schon um 15.00 Uhr trafen wir wieder im Hochlager ein. Keine andere Gruppe hat in den vergangenen Tagen auch nur einen halbwegs ernsthaften Aufstiegsversuch gemacht. Und so sind wir schon ein kleines bisschen stolz auf diesen kleinen Erfolg.

Unser Lager heute morgen (9. Juli). Eigentlich hat es morgens immer mit dem Schneien aufgehört. Aber heute, so macht es den Anschein, hat sich das Wetter entschieden, endgültig miserabel zu bleiben.

Allerdings sieht die Prognose für das wesentlich wichtigere Ziel derzeit ziemlich düster aus. Es schneite die ganze vergangene Nacht und auch heute morgen will sich das Wetter einfach nicht bessern. Lawinengefahr droht am Alpamayo. Wir haben hier in den vergangenen Tagen schon mehrere Teams kommen und gehen sehen. Erst heute morgen strich eine italienische Gruppe, welche erst gestern hier eingetroffen ist, wegen der objektiven Gefahren die Segel. Wir haben noch für maximal drei Tage Nahrung und Brennstoff, können also nicht mehr lange auf gutes Wetter warten. Wegen des Wetters hier abbrechen zu müssen, wäre mehr als deprimierend. Aber noch ist es nicht soweit!!

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7 Antworten

  1. Peter sagt:

    Hallo ihr beiden,
    Glückwunsch zum ersten Gipfel.
    Die Bilder sind toll und das Wetter wird es auch noch, bei dem Daumendrücken hier.

    Ich wünsche Euch viel Glück und kommt gut rauf und vor allem wieder runter.

    Viele Grüsse aus LE
    Peter

  2. Janina sagt:

    Hallo ihr beiden Gipfelstürmer!
    Herzlichen Glückwunsch für die tolle Leistung!
    Ich bin in Gedanken bei euch!
    Liebe Grüße, Janina 😉

  3. Christian sagt:

    Wir gratulieren euch zum Quitaraju!
    Das Wetter wird schon …
    Viele Grüße, Karin & Christian

  4. Thomas Schmidt sagt:

    Olaf und Jacob,
    Freut euch über diesen tollen Erfolg, ihr habt’s echt drauf !! So wird bestimmt keiner einen schlechten Gedanken finden, wenn ihr den Alpamayo für später aufhebt…
    Katrina freut sich auch schon sehr auf bessere Tage die bestimmt kommen werden, Thomas 😉

  5. Veronica sagt:

    Super, den Quitaraju habt ihr schon mal in der Tasche!! Die anderen schafft ihr auch noch!!
    Herzliche Grüße
    Veronica

  6. Ulf sagt:

    klappt doch. irgendwann muss es ja. es müssen eben die richtigen zusammen sein.

  7. Dirk Juling sagt:

    ja so ist das mit der Salatbeigabe, sie hat einen triftigen Sinn, bist Du erst einmal auf dem Gipfel Deines Berges, kannst Du ihn nicht mehr sehen, bist Du aber auf den Gipfel des „Salatberges“ liegt er in voller Pracht vor Dir, Dein erstes Bild ist wunderschön!!! Aber so sind wir Menschen nun mal, Schnitzel essen….
    Ich wünsche Euch schönes Wetter, alle drücken Euch die Daumen!!!
    Gruß Dirk

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