100 Tage, 4 Gipfel (Teil 2)

Eine Tour zum Mera zu konzipieren, ist einfach. Und nicht nur das. Es wäre für mich persönlich die Tour schlechthin im Khumbu. Der Anmarsch, den wir unternahmen, hat mir ganz besonders gefallen. Er war hochgradig abwechslungsreich, im Vergleich zu den Wegen oberhalb von Namche wenig begangen und zudem auch noch spektakulär. Zum Bergabenteuer am Mera Peak kämen noch die Überschreitungen des Mera La und des Amphu Laptsa. Anspruchsvoll und großartig!

Erinnern Sie sich an die news "Des Rätsels Lösung"? Der ausgebaute Weg zur hinduistischen Pilgerstätte. Ein See bei einen Ort namens Panch Pokhari. Zehntausende dieser Dreizacke (Trishul) sind dort aufgestellt, das Symbol für Shiva, eine der drei wichtigsten Gottheiten des Hinduismus.

Doch die Nachteile sind schwerwiegend. Hinter dem Mera La ist man in eine Falle getappt. Aus diesem Tal gibt es nach heftigen Schneefällen kein Entkommen, außer mit dem Helikopter. Denn die Auswege sind nun mal diese beiden Pässe. Außerdem braucht man bei dieser Route zwingend ein Küchenteam, Nahrungsmittel für mindestens 10-12 Tage, entsprechend viel Brennstoff und demzufolge eine ganze Reihe an Trägern. Denn zwischen dem Mera La und dem Amphu Lapsa bzw. Chukhung gibt es keine Herbergen. Das bedeutet, dass die Abhängigkeit von den äußeren Bedingungen sehr groß ist. Wenn es dumm kommt, muss über den Mera La zurück gegangen werden, weil der Amphu Lapsa wesentlich anspruchsvoller ist. Oder man muss sogar in den sauren Apfel beißen und sich ausfliegen lassen. Dann braucht man entweder eine gute Versicherung oder ein dickes Portemonnaie.

Ein schöner Haloeffekt über dem Amphu Laptsa Middle. Er entsteht, wenn sich Sonnenlicht an Eiskristallen in der Luft bricht.

Ich persönlich finde derartige Konstellationen übrigens ganz besonders reizvoll, weil es dann wirklich mal passieren kann, dass alles völlig anders kommt, als man dachte. Eine solche Tour aber muss man wollen. Und eventuell auftretende Schwierigkeiten als Herausforderungen annehmen können.

Während der Mera meine Erwartungen weitgehend erfüllt hat, war es beim Baruntse wieder ganz anders. Obwohl ich natürlich wegen der vielen Berichte über gescheiterte Besteigungsversuche von kommerziellen Gruppen vorgewarnt war. Ganz so leicht würde diese Besteigung also nicht werden. Und als dann auch noch abzusehen war, dass wir die einzigen am Berg bleiben würden, bekam mein Optimismus einen weiteren Dämpfer. Doch dass der Baruntse meine ganze Erfahrung und eine Menge technisches Können erfordern würde, darauf war ich nicht im geringsten eingestellt. Und das es dann kurz unterhalb des Gipfels beinahe noch ganz schief gegangen wäre, zeigt, wie sehr sich der Charakter dieses gewaltigen südöstlichen Eckpfeilers der Kumburegion in den letzen Jahren geändert hat. Es wird bald viel ruhiger am Baruntse werden, wenn sich herum gesprochen hat, dass die überlebensnotwendigen Fixpunkte am Südgrad dieses Berges alles andere als hundertprozentig sind. Außerdem wird es auch immer schwieriger werden, Sherpas zu finden, die für das Geld, welches dort gezahlt wird, die Route versichern wollen.

Ein Blankeiswand oberhalb von Lager 1 am Baruntse, die im Licht der Abendsonne wie Perlmutt glänzte.

Eigentlich habe ich auch daran gedacht, den Baruntse kommerziell anzubieten, wenn es denn vereinbar gewesen wäre mit den Ansprüchen, die ich habe. Aber der Baruntse erfüllt diese Ansprüche nicht mal ansatzweise. Eine Tour mit Gästen an diesem Berg kostete mich viel zu viel Nerven, und so würde ich womöglich auch schnell zu denen gehören, die irgendwelche Märchen erzählen, nur weil sie nicht den Mut haben, ihren Gästen die Wahrheit zu sagen. Nämlich, dass sie nicht gut genug für diesen Berg sind. Deshalb ist das Thema, den Baruntse anzubieten, für mich abgehakt.

Ein wirklich sehr imposanter Gletschertisch. Unter dem Stein, vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt, wächst das Eis scheinbar in die Höhe. Dabei taut es lediglich ringsherum ab.

Bleiben werden von dieser Tour unzählige großartige Eindrücke und so viele Fotos, wie noch auf keiner Reise zuvor in den letzten 24 Jahren. Also tatsächlich ein richtiger Schatz!

Habe ich eben wirklich 24 Jahre gesagt? Das wäre ja ein Grund zum Feiern im nächsten Jahr oder ist das eher ein Grund zum Heulen?

Unsere Welt ist voller Wunder. Selbst eine zugefrorene Pfütze wird plötzlich zu einem abstrakten Kunstwerk.

Eindeutig ein Grund mich zu freuen, ist das große Interesse und die Anteilnahme, die ich über die gesamte Zeit in Nepal erfahren habe. Es macht einfach Spass und motiviert zugleich, wenn man merkt, dass da viele sind, die mitfiebern. Das gibt sogar Auftrieb weit oben am Berg. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken.

Weiterhin vielen Dank an meine Teammitglieder, die ihr Bestes gegeben haben, diese Reise zu einem solch schönen Erfolg werden zu lassen. Und ganz besonders herzlichen Dank an Katja von der Projecter GmbH und Alex Graeber, ohne deren Hilfe die Kommunikation hier auf der Homepage und bei Facebook gar nicht möglich wäre. Nur mit der Schreiberei ist es eben noch nicht getan. Ich bin ein Glückspilz, so gute Freunde zu haben…

Ach und ehe ich es vergesse. Wer Lust hat, kann mich am 29. Mai im Panometer in Leipzig treffen. Dort beginnt um 18.00 Uhr der Vortrag von Peter Habeler zum Jubiläum der Erstbesteigung des Everest vor auf den Tag genau 60 Jahren. Anschliessend gibt es eine Podiumsdiskussion mit dem Bayrischen Rundfunk, der Leipziger Volkszeitung, Peter Habeler und mir. Ich freue mich schon auf diesen Abend, kann ich doch mal ganz entspannt einem anderen zuhören. Also, vielleicht sehen wir uns ja…

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7 Antworten

  1. Thomas Schmidt sagt:

    Cool !!
    Peter Habeler ist echt großartig. Er war auch letztes Jahr hier in Braunschweig und hat mein Verständnis für die 8000er Berge nachhaltig geprägt 😉 Leider ist der 29. mitten in der Woche, aber mal schaun…
    25 Jahre finde ich definitiv ein Grund zum Feiern 😀 Du kannst echt glücklich sein, dieses schöne Land so erleben zu dürfen. Und dass du deine Eindrücke mit uns teilst, ist echt mehr als super !!
    Ich kann dir nur empfehlen, die Mera Tour in irgendeiner Form anzubieten, weil der Mera ist finde ich echt der wundervollste Berg auf Erden 🙂
    Werde den Blog hier vermissen,
    Thomas

  2. Marianne Schröder sagt:

    … so. Gerne erhalte ich Ihr Angebot für folgende Fotos in max. Auflösung:
    1) Warten auf Träger: Fotos 1 und 3 – Christoph im Abstieg und im Lager 2 eingetroffen.
    2) Die Spalte am Baruntse: Foto 5 – Westwand Möglichkeit …
    Merci beaucoup.
    Lieben Gruß.
    Marianne

    • Olaf sagt:

      Vielen Dank zurück für die Anfrage! Wofür möchten Sie die Fotos haben? Danach richtet sich der Preis.

      • Marianne Schröder sagt:

        einfach nur als Bildschirmhintergrund für mich!!! Habe über Google Bilder kein einziges gefunden was mir so richtig gefällt …..

  3. Katrina sagt:

    Wie schade!! 🙁 Sehr gern würde ich Peter Habeler lauschen und Dich/Euch mit vielen Fragen „löchern“, aber ausgerechnet am 29. fahre ich für ein paar Tage ins Karwendel-Gebiet – Sonnenspitze, Tajatörl u.v.m. sind geplant….

    Viel Spaß und einen interessanten, informativen Abend wünsche ich allen Teilnehmenden.

  4. Heike Wolff sagt:

    Dir in Gedanken in die Berge zu folgen, war ein kleiner virtueller Urlaub. Deshalb vielen lieben Dank, Olaf, für diesen wundervollen Block. Ich freu mich schon auf den nächsten!

  5. Veronica sagt:

    Hallo Olaf,
    endlich bin ich dazu bekommen, alles News seit dem 30. April (dem Tag meiner Augen-OP) zu lesen. Schade, dass ich sie nicht zeitnah lesen konnte, aber auch so waren sie für mich noch richtig spannend! Wenn der entsprechende Vortrag fertig ist …. ich bin dabei!
    Herzliche Grüße, auch an Janina, und bis bald!
    Veronica

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