Im Netz

Die Handys klingeln wieder, das erste Internetcafe ist besucht, die Kommentare gelesen. Der Abstieg in den Alltag geht schnell. In nur drei Tagen sind wir vom Basislager nach Namche Basar hinunter gelaufen. Ich fühle mich jedesmal fast krank, wenn ich Abschied nehmen muss von den Bergen. In ihrem Kraftfeld fühle ich mich wohl. Und ich muss bald zurückkehren, das weiss ich. Doch es gibt viele Dinge, die mich auch hier betroffen und traurig machen. Und der Island Peak ist ein Beispiel dafür. Die Berge verändern ihr Gesicht und ihren Charakter. Für jemanden, der das erste Mal im Himalaya ist, kann dies nicht sichtbar sein. Doch ich bin seit fast 20 Jahren Zeuge bei dem, was hier geschieht. Und nicht nur die Berge verändern ihr Gesicht von Jahr zu Jahr, auch das Leben der Sherpas wandelt sich rasant.

Als ich gemeinsam mit Jens und Dawa vom Gipfel in das Basislager des Island Peaks zurückgekehrt war, überraschte er mich mit einer Plakette, mit der er mir zu meiner 25. Besteigung dieses Berges gratulierte. Ich fand diese Geste sehr wohltuend und habe mich wirklich darüber gefreut. Es ist für mich ein Dankeschön dafür, dass ich meine Gäste immer noch selbst auf diesem Weg hinauf begleite und ihnen bei ihrem Kampf beistehe. Es ist aber auch großartig, dabei sein zu dürfen, wenn Lebensträume in Erfüllung gehen. Doch ob das auch in den nächsten Jahren am Island Peak geschehen kann, steht in den Sternen.

Die nach Süden ausgerichtete Gipfelsteilwand des Island Peaks hat seit meiner ersten Besteigung 1996 fast ihre gesamte Eisauflage eingebüßt. Zum Vorschein kam extrem brüchiger, absturzbereiter Fels. Die Steinschlaggefahr ist jetzt für jeden sichtbar. Wer das Gegenteil behauptet, will nichts weiter, als auch in Zukunft mit diesem Berg Geld verdienen. Der Island Peak ist bei den Amateuralpinisten vor allem deshalb so beliebt, weil die sogenannten objektiven Gefahren ausgesprochen gering waren. Das ist nun anders. Man kann das akzeptieren und trotzdem weitermachen oder andere Ziele suchen. Übrigens ist dieses Phänomen, dass ganze Berge durch den Klimawandel ihren Charakter verändern, natürlich auch in den Alpen allgegenwärtig.

Was sich nicht verändert hat, ist das harte Leben der Träger. Nach wie vor wird buchstäblich alles, was von einem Ort zum anderen muss, zum großen Teil auf dem Rücken von Menschen transportiert. Ohne unsere Träger wären wir häufig total aufgeschmissen.

Wie es am Island Peak weitergehen wird, weiss hier keiner so genau. Die Sherpas machen sich darüber auch keine Gedanken. Solange es Leute gibt, die dort hochgeführt werden wollen, stehen die Sherpas bereit. Sie sind ganz andere Risiken gewohnt. Das bisschen Steinschlag stört sie nicht. Und wenn etwas passiert, tragen sie die Verantwortung nicht. Man kann sie auch nicht verklagen. Und die eigentlichen Reiseveranstalter sind weit weg. Bei mir sieht das aber ein wenig anders aus. Ich bin sowohl hier in Nepal als auch zu Hause greifbar. Ich muss mir also etwas überlegen. Doch eines steht fest. Es gibt hier soviele großartige Ziele, dass es auch in Zukunft nicht schwer fallen sollte, hier im Khumbu tolle Touren anzubieten.

Morgen geht es hinunter nach Lukla und von dort hoffentlich problemlos nach Kathmandu. Ein bisschen nervös bin ich allerdings inzwischen schon wieder, weil uns hier seit Tagen ziemlich starker Wind zu schaffen macht. Uns stört das weniger, aber in der letzten Woche sind die meisten Flüge von und nach Kathmandu ausgefallen. Übermorgen soll unser Flug hoffentlich starten. Es bleibt also spannend.

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6 Antworten

  1. Jürgen& Dierich Munk sagt:

    Hallo Birgit, hallo Klaus,
    wir sind mehr als überrascht, dass Eure Reise sich dem Ende nähert. Aus unseren früheren Gesprächen hatten wir entnommen, dass es auch zum Everest Basislager geht und von dort der Kala Patthar bestiegen wird. So können wir Euch dazu gar nicht mehr gratulieren. Schade. Wir wünschen Euch und dem gesamten Team eine gute Heimreise.

  2. Manu, Timo und Marvin sagt:

    Heute mal an Olaf:

    Man kann Wehmut zwischen den Zeilen lesen. Ist es die Traurigkeit, wieder den Rückweg anzutreten, oder eher die Überlegung und damit auch die Traurigkeit darüber, diesen Berg evtl. nicht mehr zu besteigen? Der Abschied von Nepal – das las man bereits aus der Freude in dem Bericht „Wieder zu Hause“ – scheint wirklich zu schmerzen.

    Und trotz allem ist es für den Leser schön, zu erfahren, dass da jemand ist, der „Reisegruppen“ gern und mit Respekt und aller Vorsicht auf solche Touren führt. Ihnen Mut macht und auch einen „Nicht-Erfolg“ als mutig wirklich vermittelt.

    Ich danke für die phenomenalen Berichte und die nicht weniger fabelhaften Bilder. So konnten auch wir als Leser einen kleinen Eindruck von der wunderbaren Welt der Berge, die dem HImmel so unendlich nahe zu sein scheinen, gewinnen.

    Ich wünsche allen, das der Flug pünktlich nach Deutschland startet und das sich alle recht schnell von den Strapazen erholen!

    So Jens, nun komm schnell, heile und Gesund nach Hause!!! Ein bisschen Wehmut – aber auch ne gehörige Portion Stolz sei dir gegönnt! Wir erwarten voll Spannung deinen Bericht!!!

    Manu und die Zwerge

  3. Doris, Nicole, Maja, Ramona, Edelgard, Ingo und Jörg, Daniel & Robert sagt:

    Lieber Klaus,
    liebe Birgit,

    wir wünschen eine gute Heimreise ohne Hindernisse für das gesamte Team und bedanken uns für die super interessanten Berichte.

    Liebe Grüße VIC Potsdam

  4. Andreas sagt:

    hallo Jens, letzte Meldung: Bochum-FCE1:0, guten Flug…

  5. Peter G. sagt:

    Hallo,
    auch von mir allen eine gute Heimreise.
    Die Berichte haben mich neugierig gemacht auf die Zukunft im nächsten Jahr, an der auch ich hoffentlich beteiligt sein werde.

    Meine Glückwünsch zu dem Erreichten. Und für diejenigen, die nicht ganz oben waren:
    Es gibt den Spruch, der Weg ist das Ziel. Ich denke wichtig ist bei einem solchen „Abenteuer“, in erster Linie sich selbst überwinden zu können. Und dazu gehört eben auch der Mut, an der richtigen Stelle umzukehren.

    Also kommt gut heim und vielen Dank für die Berichte und tollen Bilder.

    Peter

  6. Angelika Meyerhoff sagt:

    Lieber Michael!

    Ich hoffe Du hast alles gut „überstanden“. Das Ende Eurer Reise kam jetzt auch für mich schnell. Ich wünsche Dir noch schöne Stunden und viele Inspirationen. Und, eine gute Heimreise!

    Bis bald
    Angelika

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