Nicht lernfähig!

Einer meiner Gäste meinte das letztens von mir. Vielleicht sagte er das nur im Spaß, womöglich aber auch nicht. Ich wollte schon Einspruch einlegen und für mich in Anspruch nehmen, dass ich schon lernfähig wäre. Aber dann hielt ich meinen Mund. Denn mir fiel sogleich ein Beispiel dazu ein, welches ganz exemplarisch zeigt, dass ich tatsächlich diesbezüglich Probleme habe. Dieses Beispiel, welches ich meine, habe ich gerade vor wenigen Tagen durchexerziert. Warum, so frage ich mich eben, gehen die meisten anderen gerade Mal für eine Nacht ins Basislager des Island Peaks, versuchen dann am nächsten Tag die Besteigung und verschwinden sofort wieder? Dass nur jeder fünfte, der es versucht, auch oben ankommt, ist ja völlig zweitrangig. Die Gelegenheit war da. Niemand von den Veranstaltern kann etwas dafür, wenn der Gast noch nicht ausreichend akklimatisiert war oder zu schwach für tausend Höhenmeter oder beides. Dies ist ja nicht das Problem des Veranstalters. Und das die ganze Tour von Frankfurt nach Frankfurt nur drei Wochen dauert, hat ja der Gast auch gewusst. Vielleicht war das sogar der Grund, warum er bei dieser Agentur gebucht hat. Vier volle Wochen Nepal? Das muss auch schneller gehen! Und das tut es ja auch. Nur eben leider nicht bis zum Gipfel. Aber das ist, wie gesagt, nun mal nicht das Problem des Veranstalters.

Grat

Der Blick vom höchsten Punkt hinunter auf den Gipfelgrat ist wirklich atemberaubend. Im Hintergrund sieht man gleich ein halbes Dutzend Himalayariesen. (von links nach rechts Amphu Laptsa Middle, Ombugaichen, Ama Dablam, Numbur, Kongde, Karyolung, Taboche, Cholatse)

Doch warum bin ich nur so dumm und mache es anders? Kein Mensch honoriert das wirklich. Den Gästen ist es in Wahrheit viel zu anstrengend, vier oder fünf Tage im Basislager zu verbringen. Ständig eisiger Wind, Höhenprobleme, keine Dusche, kein Klo, weit und breit kein Ofen und dann gibt es bei mir noch nicht einmal einen Koch! Mit mir muss man auch noch selber kochen und Eis holen und womöglich sogar die Lasten für das Hochlager auf dem eigenen Rücken tragen! Ganz oft ist das heutzutage zu viel verlangt. Doch wenn andere die Lasten tragen, kochen, die Route präparieren, das Hochlager einrichten, wer besteigt dann bitte den Berg? Die anderen sind das, die Sherpas und nicht man selber. Doch auf dem Gipfelfoto sieht man das natürlich alles nicht. Auf diesem Bild, wenn man denn tatsächlich oben angekommen ist, sieht man nur den strahlenden Gipfelhelden. Die Sherpas, die für ihn den Weg dorthin geebnet haben, die sieht man nicht. Über deren Leistung spricht man auch nicht. Denn dass würde ja die eigene „Leistung“ in ein ganz anderes Licht rücken.

Ich bin tatsächlich nicht lernfähig. Denn alles bleibt so wie es ist. Oder vielleicht doch nicht? Ich werde meine Gipfelaspiranten in Zukunft noch ausführlicher darauf hinweisen, was es bei mir bedeutet, einen Sechstausender im Himalaya zu besteigen. Doch wenn man es dann tatsächlich geschafft hat, kann man auch wirklich stolz auf sich sein.

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8 Antworten

  1. stadtaffe sagt:

    hallo ihr lieben,

    als erstes natürlich die gratulation an die glücklichen gipfelstürmer.
    doch noch mehr zu beglückwünschen ist die entschlossenheit „der zurückgebliebenen“, welche ja wohl in treuer gesellschaft war(en) 😉
    genießt eure reise weiterhin, mit allem was noch kommen mag und dazu gehört; ich glaube ein jeder ist danach umsoviel reicher und stärker, als man zuvor eh schon war 😉
    denn die hoffentlich noch lange zeit so ursprüngliche und atemberaubende natur [beschreibung eines „nicht-sehenden“]
    gibt ihr essenzielles und der geist tut übriges für einklang zwischen körper und seele.
    und dem bericht zufolge geht ein jeder auf so einer reise in sich.
    vlt. nicht ganz nach buddhistischer tradition, doch zumindest nach deutscher manier – dem land der dichter & denker.

    nun gut, bis bald in hoffentlich bester gesundheit. liebe grüße an mutti & vati
    spezielle grüße an frank und matthias
    und besten dank an olaf und den webmaster für die super spitze berichterstattung

  2. Nicole sagt:

    Warum so viel Zynismus in diesem Bericht,
    haben sich die Gäste beklagt? Es liest sich
    etwas merkwürdig! Ich bin sicher, lieber Olaf,
    daß alle Deine Gäste Deine Leistung und auch
    die der Sherpas sehr zu schätzen wissen
    Liebe Grüße an alle und einen dicken Kuß
    an den Segelflieger 🙂
    Nicole

    • Olaf sagt:

      Hallo liebe Nicole,

      bitte den Text ein weiteres Mal lesen und noch vier Tage Geduld haben 🙂

      Vielen Dank und herzliche Gruesse
      Olaf

  3. Der kleine Horst sagt:

    Hallo Horsti
    Du siehst ja ganz schön geschafft aus.Strengst dich dort wohl mehr an als auf Arbeit?Es wird auch wieder mal Zeit sich zu Rasieren, so hab ich dich ja lange nicht mehr gesehen.Ganz liebe grüße vom kleinen Horst und Familie.

  4. Conny sagt:

    Hallo, lieber Matzi!Schön, nach doch relativ langer Zeit von dir selber zu hören, dass es dir gut geht. Um deine verlorenen Pfunde brauchst du dir keine Gedanken zu machen – das bekommen wir schon wieder hin:-)Die letzte News ist mir ein bißchen unverständlich, glaube es bedarf mir dann deiner Erklärung!Hoffe doch, dass bei euch alles i.O. ist!
    Liebe Grüße von zu Hause bis demnächst, d.C. und alle Anderen!!!!!

  5. Günter und Gabi sagt:

    Hallo, liebe Sylvia, lieber Bernd, schön wieder einen Newsbericht von Eurem Unternehmen zu erhalten. danke auch für die email. Wir freuen uns mit Euch über die tollen Erlebnisse und hoffen. daß es auch bis zum Ende Eurer Reise so bleiben möge! Grüße von Gabi und Günter!

  6. Madeleine sagt:

    Lieber Olaf,
    deine Zeilen lesen sich wie aus einen Teil eines Buches, ein Stück aus deinem Innersten. Es ist gut zu wissen was in einem Menschen vorgeht, vorallem an Gedanken u Gefühlen und nicht nur was an Tagesgeschehnissen passiert ist. Viell denkt man für den Moment das man nicht lernfähig ist, und dabei doch vieles für sich annehmbare bzw. übertragbare im eigenen Leben lernt. Nur wenn man sich damit identifizieren kann, ist man aufnehmbar es mit starker Überzeugung zu erlernen, weil es aus dem tiefsten Herzen kommt.
    Ein Lächeln von mir.
    In Gedanken Madeleine 🙂

  7. Andreas sagt:

    bin durch zufall auf diese seite gestoßen, und wohne gar nicht soweit weg. ich finde es sehr schlüssig was der olaf schreibt spricht mich sehr an. bin jetzt 45 und überlege so ein vorhaben in angriff zu nehmen . ( in den nächsten 5 jahren )
    bin alleinerziehend und selbständig und daher der grob gesteckte rahmen.
    gern würde ich schon einmal eine tour ins pitztal mit unternehmen. ich drücke euch weiter die daumen und zolle alles respekt

    lg andreas

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