Wo das Abenteuer beginnt

Eigentlich hätte auch ich auf diese Idee kommen können, denn die Eindrücke waren noch ganz frisch. Bin ich aber nicht. Im Sommer 1989 war ich auf meiner allerersten großen Reise in Tadschikistan. Pik Energie hieß der Gipfel, den wir uns dort auserkoren hatten. Der Schlafsack am Berg bestand aus zwei zusammengenähten Steppdecken. Wir schliefen zu dritt dort drin.

Meine „Berg“-Schuhe fielen schon nach der ersten Anmarsch-Woche auseinander. Klebeband und Draht hielten sie notdürftig bis zum Ende der Tour zusammen. Unser Zelt war damals unser ganzer Stolz. Aus dem Westen! Ein Kuppelzelt mit zwei Glasfasergestängebögen von Karstadt. Bei Wind lag es flach auf dem Boden. Sehr flexibel, das Teil. Gurt, Steigeisen, Pickel besaß ich nicht. Zum Glück hatten wir eine Schneiderin in meiner Familie, die den Großteil meiner Sachen genäht hat. Und wir haben sogar den Gipfel erreicht. Zu dritt mit zwei Pickeln und nur zwei Paar Steigeisen. Ich besaß ja keine. Und es ging auch!

Im Sommer 1989 kurz unter dem Gipfel des Fünftausenders „Pik Energie“ im Fan-Gebirge Tadschikistans. (Foto: Volker Andreas)

Jeder, der vor der Wende hier im Osten in die Berge ging und immer noch unter uns weilt, kann ähnliches erzählen. Von zu Kletterschuhen umfunktionierten Fußballschuhen, Gurten aus Feuerwehrschläuchen, handgeschmiedeten Steigeisen und selbst genähten Daunensachen.

Da war die Idee von zwei jungen Frauen sehr weitsichtig. Denn der Bedarf und vor allem das brennende Verlangen nach brauchbarer Ausrüstung für die große, weite Welt, die uns nun endlich offen stand, konnte ja nur riesig sein. Maren und Marina hießen die beiden. Sie arbeiteten gemeinsam im Brockhaus-Verlag und ahnten wohl schon, dass ihr Arbeitsplatz bei Brockhaus vermutlich keiner auf Lebenszeit sein würde. Auch sehr weitsichtig.

Und so begann die Geschichte vom tapir, dem ältesten Ausrüster in Leipzig für uns Draußenfans. Genau 30 Jahre ist das nun her! Und wie sie begann, ist so typisch für die Wendezeit.

Maren und Marina nahmen Kontakt zu einem Outdoorladen in Marburg auf, stießen dort mit ihrem Ansinnen natürlich auf offene Ohren und standen bald darauf neben anderen fliegenden Händlern am Bayrischen Bahnhof hinter einem Tapeziertisch voller Seile, Schlafsäcke, Rucksäcke, Fahrradtaschen, bunten Faserpelzklamotten usw.

Ich stelle mir das gerade vor. Jeden Morgen die Sachen ins Auto tragen, dorthin fahren, aufbauen, Wind und Wetter trotzen, abends abbauen, alles wieder ins Auto packen, heimfahren, das Zeug in die Wohnung tragen und am nächsten Tag dasselbe von vorn. Tagaus, tagein. Das war natürlich keine Dauerlösung.

Irgendetwas mit einem Dach musste her. Und an dieses erste „Ladenlokal“ kann ich mich sehr gut erinnern. Es befand sich in einem Hinterhof am Eutritzscher Markt. Eröffnung war am 1. April 1991. Und es ist so schön, dass von diesem ersten tapir-Domizil in der Seitengasse noch ein Foto existiert:

Wer von den jüngeren Lesern bei diesem Bild womöglich die Nase rümpft, muss wissen, dass diese erste tapir-Bleibe nicht viel anders aussah als der größte restliche Teil Leipzigs. Viele können sich das heute gar nicht mehr vorstellen oder haben es verdrängt. Ganze Stadtteile waren damals dem Verfall preisgegeben.

Am Eutritzscher Markt blieb der tapir zwei Jahre, dann folgte ein wiederum kürzeres Intermezzo in der Rosa-Luxemburg-Straße, ehe die nun immer zahlreicher werdenden tapire in das erste dauerhaftere Quartier in der Karl-Liebknecht-Straße umzogen. Das war dann die Zeit, als ich den tapir für mich entdeckte. Exakt zwanzig Jahre ist das nun her. Der Anlass für meinen Gesinnungswandel war eine große Enttäuschung. Doch wie das oft im Leben so ist. Man weiß nie, wozu selbst der größte Mist, der einem widerfährt, gut ist.

Das war nämlich das Beste was mir passieren konnte. Als sporadischer Kunde bin ich beim tapir schon von Anfang an aufgetaucht, Stammkunde war ich woanders. Doch nun trat ich an die beiden Cheftapire Maren und Rando mit dem Vorschlag heran, ob es nicht zweckmäßig wäre, über eine Zusammenarbeit nachzudenken.

Ich hatte mich am 1. August 2000 als Alpinist, Mountainguide und Vortragsredner selbstständig gemacht und wusste natürlich nicht, ob das funktionieren konnte. Auf jeden Fall würde ich Partner brauchen. Darüber war ich mir damals im Klaren. Ohne Unterstützer könnte ich es nie schaffen, davon zu leben. 

Ich hatte ein Jahr zuvor meinen ersten 8000er in Eigenregie bestiegen. Der MDR und die LVZ berichteten ausführlich, und nun hoffte ich, dass ich womöglich offene Türen einrennen würde. Aber ganz so einfach war es dann doch nicht. Mehr als zehn Jahre musste sich diese Zusammenarbeit Schritt für Schritt entwickeln, bis ich mir den ersehnten Sponsorenvertrag mit Leipzigs wichtigstem Outdoor-Ausrüster erarbeitet hatte.

Seit 20 Jahren kann ich mich nun schon auf den tapir verlassen, egal ob ich als strahlender Gipfelsieger oder begossener Pudel von meinen Projekten heimgekehrt bin. Egal auch, ob es beim tapir super lief oder auch er die ein oder andere bedrohliche Situation zu meistern hatte, so wie gerade jetzt wieder. Ich weiß sehr wohl, was das für mich vor allem in der kommenden Zeit bedeutet.

Heute ist der tapir in seinem schicken, über 1300  m²  großen Ladenlokal am Georgiring 4-7 mit großem Abstand der Platzhirsch unter den Leipziger Ausrüstungsfachgeschäften für uns Trekker, Bergsteiger, Kletterer, Outdoorfreaks.

Eine 30 jährige Erfahrung kann hier in der Stadt niemand vorweisen. Und schon gar nicht ein derartig erfahrenes und kompetentes Team. Auch macht keiner so tolle Veranstaltungen wie die tapir-Weltweit-Abende oder die beiden Flohmärkte im Frühjahr und Herbst.

Ein typischer Blick auf einen Weltweit-Abend im tapir. Selbst der Riesenladen ist regelrecht ausgegossen mit Menschen!

Und nun sind wir endlich dort angelangt, wo ich hinwollte: Beim Jubiläums-Flohmarkt zum 30. Geburtstag. Gestern hat er begonnen. Er ist nicht so, wie wir alle die tapir-Flohmärkte gewohnt sind und wie wir sie lieben. In dieser Zeit geht das eben leider nicht. Aber die tapire wären nicht die tapire, wenn sie nicht eine Alternative parat hätten.

Kein rauschender Geburtstagsparty-Flohmarkt sondern gleich zwei Jubiläumswochen mit einer Sonderverkaufsfläche auf dem neu gestalteten „Zeltplatz-Mitte“. Es lohnt sich auf alle Fälle, vorbeizuschauen. Spitzenrabatte für Artikel aus der aktuellen Saison, Restposten, Online-Retouren UND, wie es sich für einen echten tapir-Flohmarkt gehört, sagenhaft günstige, gebrauchte Bekleidung und Ausrüstung.

Sogar die traditionelle Ausrüstungsversteigerung wird es am Sonnabend, den 14.11. mit Matthi geben. Und das ist noch lange nicht alles. Wenn Ihr wissen wollt, was noch in diesen beiden Geburtstagsflohmarktwochen im tapir geplant ist, schaut ihr am besten HIER nach.

Matthi als Versteigerung-Ikone beim tapir-Flohmarkt ist eine Institution!

Bleibt mir zu Gratulieren: Zu 30 Jahren, in denen IHR die Seele und das Herz der Leipziger Outdoorszene  geworden und Euch treu geblieben seid. In denen Ihr Euch nie auf Erreichtem ausgeruht habt. In denen Ihr ständig das Ohr an den neuesten Trends hattet. In denen es immer größeren Spaß gemacht hat, zu Euch zu kommen, um mit Euch unsere gemeinsame Leidenschaft für das Draußensein zu teilen.

Ich wünsche Euch, dass Ihr noch sehr lange genauso weitermachen könnt und dass Ihr bleibt, wie Ihr seid. Und mir wünsche ich das auch 🙂

 

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Eine Antwort

  1. Veronica sagt:

    Eine tolle Geschichte!!

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