Wettersturz!

Die Abhängigkeit vom Wetter ist sicher das augenfälligste Charakteristikum beim Klettern vor allem an großen Bergen. Hier können wir eben nicht am Vormittag noch fix in eine Route einsteigen, wenn am Nachmittag Regen angesagt ist. Bei meinen drei vorangegangenen Reisen ins Karakorum habe ich die Erfahrung gemacht, dass wechselhaftes Wetter hier eher die Regel und deshalb eine zuverlässige Prognose Gold wert ist.

Bisher haben mich gute Freunde mit Wettervorhersagen versorgt. Aber das kann ich nicht ein ums andere Mal und diesmal gleich über Monate von ihnen verlangen.

Deshalb haben wir uns für diese Reise nach einer anderen Möglichkeit umgesehen. Und da stößt der Suchende sehr rasch auf die ZAMG, die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Innsbruck. Hier sitzen Profis, welche die Bedürfnisse von uns Bergsteigern genau kennen. Das geht bei relativ einfach zu interpretierenden Grafiken los und hört bei möglichst kleinen Dateigrößen auf, weil man auch dort weiß, dass Satellitentelefonminuten teuer und ihre Anzahl in aller Regel begrenzt ist.

Jeden einzelnen Tag bekamen wir eine Grafik per Mail als pdf-Datei sowie eine sms direkt auf das Telefon. Dabei war die Vorhersage punktgenau für unsere beiden Berge zugeschnitten. Natürlich ist dieser Service nicht umsonst. Und logischerweise waren wir uns vorher unsicher, ob sich diese Investition lohnen würde. Jetzt aber weiß ich, dass ich nie mehr auf diesen Service verzichten möchte.

Die Prognosen waren bis auf wenige Ausnahmen sehr präzise und für mich ist es kaum zu glauben, dass es überhaupt möglich ist, solche genauen Vorhersagen über denn halben Globus hinweg zu treffen.

Wofür wir drei aber am aller dankbarsten sind, ist die Tatsache, dass, obwohl unser Abonnement bei der ZAMG längst abgelaufen ist, wir immer noch Vorhersagen gesendet bekommen. In Innsbruck schlägt offensichtlich ein Herz für uns. Und das hat uns jetzt vielleicht gerettet!

Diese pdf-Datei mit dem Wetter vom 8. August für den Laila-Peak aus Innsbruck lässt keinen Interpretationsspielraum. Danach sollte man die Füße in die Hand nehmen und machen, dass man vom Berg runterkommt.

Wenn ich eine news versende, dann empfange ich gleichzeitig an uns gerichtete Mails. So treffen auch die Wetterberichte beim Versenden der news bei uns ein.

Doch der Wetterbericht, den wir am Donnerstag erhielten als ich die letzte news „Stein des Anstoßes“ versendet habe, hat die Gipfelversuchseuphorie von Jacob und mir in ihr genaues Gegenteil verwandelt. Ein kompletter Wetterwechsel war dort angezeigt. Hohe Luftfeuchtigkeit, Regen, viele Wolken, keine Sicht über eine lange Zeit.

Drei oder vier Tage hätte dieses fantastische Wetter der vergangenen Wochen noch halten müssen, dann wären unsere Chancen, Laila für uns zu gewinnen, sehr gut gewesen. Und diese Zeit stand uns bis die Träger kommen sogar noch zur Verfügung. Doch um dieses lange Schlechtwetterfenster auszusitzen, reicht unsere Zeit hier nun leider wirklich nicht mehr.

Aber an dieser Sache gibt es wie an fast allem auch sein Gutes. Positiv ist erstens, dass wir diesen Wetterbericht überhaupt bekommen haben. Jacob und ich wären womöglich ohne Vorwarnung voll in diesen Wettersturz rein marschiert.

Gut ist zweitens, dass wir keinen Augenblick darüber nachzudenken brauchen, ob nicht vielleicht doch irgendwie ein Versuch möglich gewesen wäre. Unser Gipfeltag am Hidden Peak war ja auch nicht optimal. Doch das Wetter am Laila ist derzeit regelrecht katastrophal. Es regnet hier im Basislager seit 36 Stunden nahezu ununterbrochen.

Unser Basislager ist nicht wirklich überflutungssicher. Und ich sehe uns, wenn es weiter so regnet, zumindest mit Küchen-, Mess- und Jacobs Zelt noch umziehen. Mein Zelt ist das zweite von rechts. Seit Feuerland schaue ich immer, dass mir Wasser möglichst nichts anhaben kann.

Und drittens gab uns die Prognose noch einen guten Tag, nämlich den vorgestrigen Freitag, um unseren ganzen Ausrüstungkrempel aus Lager 2 wieder herunter zu holen. Das allerdings war zwar positiv aber trotzdem frustbesetzt, denn die Vorstellung dort hochzusteigen, das Lager abzubauen und am gleichen Tag wieder ins Basecamp zurückkehren zu müssen, löste bei mir alles andere als positive Gefühle aus.

Da warteten 3000 Auf- und Abstiegshöhenmeter in wirklich sehr unangenehmen und teilweise schwierigen Gelände auf uns. Aber das Lager einfach oben zu lassen, wie Zahid uns als Basislagerboss befehlen wollte, kam nun gleich gar nicht in Frage. Wir verlassen einen Berg so, wie wir ihn vorgefunden haben. Basta!

Also legten Jacob und ich unsere Gipfelfantasien ad acta und bereiteten uns auf einen sehr zeitigen Start und einen überlangen und anstrengenden Tag vor…

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Eine Antwort

  1. Thomas Schmidt sagt:

    Kommt heile zurück, ich freue mich schon auf die kommenden Live-Vorträge…

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