Nah dran

Es gibt Dinge im Leben, die erlebt man zum ersten Mal und wünscht sich anschließend sehr, dass sie sich bis an das Lebensende nie wiederholen.

Heute morgen gegen vier Uhr wachte ich auf, weil plötzlich riesige Mengen Wasser in meinen Schlafsack schwappten. Ganz kurz dachte ich, dass dies ein Alptraum sei. Und tatsächlich! Es war ein Alptraum, nur dass ich ihn nicht träumte. Eine Sturmflut hatte das Wasser hinter unsere Düne gedrückt. Es floss wie ein Sturzbach ins Zelt und nach wenigen Sekunden stand es etwa 30 cm hoch in meiner Stoffbehausung. Wenn das kein Alptraum war? Natürlich musste ich sofort an Ralf denken und war in dem Moment tatsächlich nah dran an seiner Kugel im Kopf.

Was folgte, ist schnell erzählt. Alles, aber auch alles war nass. Ich Idiot habe mich zu sicher gefühlt und meine gesamte Ausrüstung ins Zelt drapiert. Auch meine beiden Fotoapparate hat es erwischt. Meine geliebte kleine Canon hat sofort den Geist aufgegeben. Aber nur mit ihr hätte ich die Möglichkeit gehabt, mal schnell mit Blitz ein Foto von diesem Fiasko zu machen. Das ganze Chaos ist fotografisch also undokumentiert geblieben.

Heute morgen habe ich noch freudiger als sonst die Neuigkeiten in meinen Rechner getippt. Auch wenn alles andere tropfnass war. Der Rechner war es nicht!

Wenigstens Satellitentelefon und Laptop sind trocken geblieben. Beides war wasserdicht verstaut. Der große Fotoapparat in seiner Ortlieb-Tasche hat Gott sei Dank nur wenig Wasser abbekommen und arbeitet nach der Trocknung wieder.

Der auf diese Katastrophe folgende gestrige Tag gestaltete sich erwartungsgemäß wenig erquicklich und auch sehr arbeitsreich. Wir haben versucht, den Schlafsack und ein paar Sachen zu trocknen, was aber im strömenden Regen ziemlich frustrierend ist. Und wir sind natürlich umgezogen und stehen jetzt auf der Düne, also mitten im Wind. Aber dass ist immer noch besser, als bei jedem Plätschern aus dem Schlaf zu schrecken, denn hier plätschert es meist 24 Stunden am Tag. Und damit sind wir gleich beim nächsten Thema.

Mein neuer Platz am höchsten Punkt unserer Düne. Meine hölzerne Balustrade soll mich vor Wind und Wellen schützen. Hoffentlich ist das nicht ein wenig zu viel verlangt. Ach, und der Regen geht gerade in Schnee über…

So schlechtes Wetter, welches auch noch dermaßen ausdauernd ist, erlebe ich ebenfalls gerade zum ersten Mal in meinem Leben. Deshalb sind die Wetterberichte, die wir drei Mal in der Woche erhalten, so etwas wie der Strohhalm, an den wir uns hier klammern.

Wir sind wie die Spieler, die eigentlich wissen, dass ihre Gewinnchance verschwindend gering ist. Trotzdem können sie nicht vom Spiel lassen, weil sie die Hoffnung auf den großen Gewinn brauchen. Ganz ähnlich ist es bei uns mit dem Warten auf einen neuen Wetterbericht. Jede kleine Amplitude in den Kurvenverläufen wird interpretiert und mag sie noch so irrelevant sein. Jedes Häkchen an den Windfahnen ruft bei uns Erinnerungen an erlebte Stürme wach, wo wir zuvor ebenfalls über Wetterdiagrammen gebrütet haben.

Wo ist das große Hochdruckgebiet, welches sich mindestens drei oder vier Tage hält? Und wann verschwinden die vielen Häkchen an den Fahnen und bleibt die Achse mit den turmhohen Niederschlagsbalken endlich einmal leer?

Wetterdiagramme anschauen hier in Feuerland am gefühlt einsamsten und abgelegensten Platz der Welt ist auch ein schier unglaubliches Wunder. Man muss sich nur mal überlegen, was für ein gewaltiger technischer Aufwand erforderlich ist, dass wir das überhaupt können. Und damit meine ich natürlich nicht mein kleines Satellitentelefon und meinen Minilaptop.

Übermorgen! Ja, richtig gelesen. Als wir gestern Abend noch die Wetterberichte abgeholt haben, schon wieder recht glücklich über die Tatsache, dass die ganze wichtige Technik ohne Wasserschaden davon gekommen ist, wurden wir beide von der guten Nachricht sehr überrascht. Sollte es hier tatsächlich einmal drei Tage hintereinander richtig gutes Wetter geben?

Dies wäre dann ja das in der letzten News beschworene Wunder! Oder der Hauptgewinn bei diesem Spiel. Unser Einsatz hätte dann sich mehr als gelohnt. Plötzlich wird es also doch richtig spannend und das viele Wasser der letzten 24 Stunden ist fast schon wieder vergessen. Oder war das der Preis für diese Chance?

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9 Antworten

  1. Veronica sagt:

    Das Daumendrücken für gutes Wetter wird intensiviert!!!

  2. Thomas Schmidt sagt:

    Übermorgen: ich hoffe, ich könnt eure Chance nutzen!
    Kommt vorallem heil zurück…

  3. Veit König sagt:

    Ich wünsche Euch den Hauptgewinn!! Bleibt gesund, das ist bei allem Einsatz das Wichtigste.

  4. Peter Gacek sagt:

    Haltet durch! Ich wünsche euch, dass ihr jetzt den schlimmen und frustrierenden Teil eurer Reise hinter euch habt. Wir drücken alle verfügbaren Daumen.

  5. Madlen Rimbach sagt:

    Das nenn ich mal Abendteuer pur,bin ich gespannt auf den weiteren Verlauf. Kommt uns gesund wieder nach Hause…

  6. Dirk Juling sagt:

    hallo Ihr Mutigen,
    ich hasse Dauerregen über alles, vor allem bei einer Bergtour bekomme ich schlechte Laune…..
    Aber Du weißt auch, daß ich manchmal über magische Kräfte verfüge, (wir hatten im Himalaya ja auch keinen Regen)
    und da ich am Wochenende Geburtstag habe und hier mir das Wetter Wurscht ist, sende ich Dier volle vier Tage schönes Wetter aus meinen persönlichen Vorrat für 2016. Auch wenn Du es nicht für möglich hältst, ich werde es mit aller Kraft zu Euch senden. Den Berg werdet Ihr ja dann auch ohne mich meistern, hihihi.
    Und vergesst nicht, nach dem Abstieg schnell wieder zu Euren Mädels in die Heimat!!!!
    mit magischen Grüßen Dirk

  7. Ralf Brummer sagt:

    Hallo Olaf,

    das klingt alles nicht gut. Aber ich kenne Dich als großen Kämpfer, der seine Ziele nicht so leicht von Regen und Wind verwehen lässt. Denk an all dass, was Du schon erlebt und überlebt hast! Ich drücke Euch beide Daumen, dass Ihr das notwendige Quäntchen Glück auf eine Chance erhaltet.
    Beste Grüße an Dich und an Falk
    Ralf

  8. Thoralf Liebstein sagt:

    Hallo Jungs, ganz liebe Grüße ans Ende der Welt übermittelt Euch Thoralf.
    Bleibt gesund und munter! Haltet ‚die Ohren steif‘! Apropos ‚Wasser‘ – immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel! 🙂
    Bis bald. Th.

  9. Schmidt Hans-Juergen sagt:

    Hallo Falk und Olaf. Grüsse an das andere Ende der Welt und hoffentlich den schönsten Sonnenschein in den noch folgenden Tagen. Das Wasserabenteuer liest sich ja nicht schön.

    Grüsse von allen aus Naumburg.

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