Alpentraining hochzwei

Es gab eine ganze Reihe von Beschwerden! Wieso gibt es solange keine NEWS? Die Erklärung für das Versäumnis ist einfach. Ich war nicht im Lande und meine Satellitentelefon-Minuten sind aufgebraucht. Patagonien, Nepal und der Denali in Alaska haben für die letzten Wochen, die ich in der Fränkischen Schweiz und den Alpen verbracht habe, einfach nichts mehr übrig gelassen. Endlich wieder klettern war die Devise der vergangenen Tage. Ausserdem stand das Alpentraining für meine Nepal-Gäste 2012 im Pitztal an. Doch der Reihe nach. Los ging es in der Fränkischen Schweiz. Dort haben Klaus Scheunpflug und ich auf dem Weg in die Alpen drei Tage Station gemacht. Wir wollten uns im fränkischen Kalk ein wenig fit machen für die diesjährige Klettersaison, die eigentlich schon vor Monaten begonnen hat. Die Fränkische Schweiz ist ja für Elbsandsteinkletterer ein nicht wirklich lohnendes Gebiet, auch wenn der ein oder andere Leser jetzt vielleicht heftig widerspricht. Fakt ist, dass es dort eben keine so großartigen freistehenden Gipfel und so atemberaubende Tiefblicke gibt, wie bei uns in Sachsen. Dafür kann man im Fränkischen in bestens mit Bohrhaken abgesicherten Routen schwer klettern, ohne ständig Angst um sein Leben haben zu müssen. Genau das richtige also für den Saisonbeginn, der bei mir wegen des Denalis in diesem Jahr leider so spät stattfindet.

Anschliessend sind Klaus und ich nach Friedrichshafen an den Bodensee gefahren, um die „Outdoor“ zu besuchen, die größte Fachmesse Europas für Outdoorbedarf. Wir hatten einen Tag eingeplant. Doch das war regelrecht lächerlich. Mindestens drei Tage wären nötig, um alle Messestände wenigstens einmal zu besuchen. Die Augen gingen uns über, was es alles Neues auf dem Bergsportmarkt im kommenden Jahr geben wird. Immer leichter, immer schicker und auch immer innovativer. Aber das meiste werde ich doch nie haben können, weil ich das alles eigentlich ja schon besitze. Aber die Produzenten lassen sich immer wieder etwas einfallen, welches unsereins in Versuchung bringt.

Die Route Herbst/Teufel (6-, 8 Seillängen) am Unteren Schüsselkarturm ist genau das richtige zum Einklettern. Schräg rechts über dem Kopf von Klaus ist mit guten Augen die wunderschön gelegene Oberreintalhütte zu erahnen.

Das nächste Ziel war das Oberreintal. Ich hatte schon so viel über dieses Klettergebiet im Wetterstein gehört. Und auch über die legendäre Oberreintalhütte. Wanderer sind unerwünscht auf dieser Hütte. Der Wirt hatte das am Aufstiegsweg sogar auf ein Schild geschrieben. Allerdings ging diese Diskriminierung dem DAV dann aber doch zu weit, weshalb das Schild wieder weg musste. An die Tür ist ein Handy genagelt. Darunter ist zu lesen: „Wir müssen draussen bleiben“. Um sieben Uhr spätestens müssen alle aus den Federn sein, sonst wirft der Wirt die Kettensäge im Schlafraum an. Alles kein Witz. Und wenn es ganz dicke kommt, dann ist man selber Hüttenwirt, weil der nämlich gar nicht da ist. Aber das alles ist zweitrangig. Das Oberreintal ist ein Kletterparadies. Unzählige Mehrseillängenrouten in mittleren und höheren Schwierigkeitsgraden nicht gerade üppig abgesichert ziehen nur die echten Kletterer an. Und die sind auf der Hütte erwünscht. Und wer bei der Küchenarbeit mit anpackt, bekommt einen Schnaps oder auch zwei. Ich hab mich dort sauwohl gefühlt, weil ich gerne spüle 🙂

Der Untere Schüsselkarturm von unten und oben auf ihm drauf. Von dort übrigens hat man einen schönen Blick hinüber zu Zug- und Alpspitze (hinten Mitte)

Die letzte Etappe war das Pitztal und sein Taschachgletscher. Seit Jahren schon treffen wir uns dort zum Training sowohl für unsere Nepaltouren als auch für die Expeditionen. Hier kann man nach Herzenslust Bergsteigen und die verschiedenen Techniken im steileren Eis trainieren. Dort trafen Klaus und ich auf Christoph Descher. Klaus und Christoph sind ja beide Teilnehmer der Expedition zum Hidden Peak im nächsten Jahr, und wir wollten hier oben gemeinsam eine Trainingshochtour durch die Nordwände von Petersenspitze und Brochkogel unternehmen. Das hat leider nicht geklappt, weil uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Ausserdem hatten wir vor, gemeinsam die Spaltenbergung und das Klettern im Steileis zu üben. Das wiederum hat sehr gut funktioniert wie man unten sieht.

Nach drei Trainingstagen mit Klaus und Christoph trafen meine Gäste im Pitztal ein. Nun waren diese natürlich die Hauptpersonen. Aber die beiden haben auch ohne mich zwei schöne Hochtouren auf die Wildspitze und den Pitztaler Urkund unternommen.

Jahr für Jahr ist es immer wieder spannend, mit den neuen Gästen gemeinsam etwas zu unternehmen, sei es in den Alpen oder in der Sächsischen Schweiz. Wir lernen uns gegenseitig kennen. Wie wird man miteinander zurecht kommen? Irgendwie hängt ja eine Menge davon ab. Vier Wochen Nepal! Es ist nicht nur für meine Gäste die wichtigste Zeit des Jahres. Doch bei unserem diesjährigen Training lief alles wie von selber und das trotz ziemlich durchwachsenem Wetter.

Ich konnte diesmal aber auch ein bisschen entspannter sein, denn es ging gar nicht wirklich darum, uns für den Island Peak fit zu machen. Auf ihn werden wir ja im nächsten Jahr verzichten. Wir wollten uns darauf konzentrieren, zu lernen, wie man sich auf einem Gletscher bewegt und was man alles können und wissen muss, um ihn sicher zu überqueren. Es stand also vor allem das Gehen auf Steigeisen und der Umgang mit dem Pickel auf dem Programm. Ganz wichtig und unverzichtbar ist auf einem Gletscher natürlich die Spaltenbergung. Die hatten wir nach dem Aufstieg auf die Hütte schon im Trockentraining geübt. Auch die Benutzung der Steigklemme und das Abseilen stand auf dem Programm. Fast acht Stunden verbrachten wir am ersten Tag auf dem Eis. Und es hat nach anfänglicher Skepsis allen einen Riesenspaß gemacht. Besonders aber mir.

Doch der Tag, an dem wir die Bergtour machen wollten, stand erst einmal unter keinem guten Stern. Alles rings um das Taschachhaus war grau in grau, und es schneite. Mit dem herrlichen Blick auf die Wildspitze vom Hinteren Brunnenkogel aus, den ich meinen Gästen versprochen hatte, würde es wohl nichts werden. Unverdrossen stapften wir bei miesestem Wetter aber bester Laune dennoch los. Und so ein Einsatz wird ja meistens auch belohnt. Nach zwei Stunden Gehzeit riss es plötzlich auf, und die Wildspitze präsentierte sich in glasklarer Luft und bei grandioser Fernsicht. Wir waren von den vielen Leuten auf der Hütte die einzigen, die an diesem Tag zu einem Gipfel aufgebrochen sind und ihn auch erreicht haben. Die Verhältnisse präsentierten sich zwar ziemlich mies, dafür waren meine Gäste aber umso besser drauf.

Und nach getaner Arbeit beim Feiern und Trinken, sind wir alle sowieso unschlagbar. Es waren wirklich schöne Tage am Taschachferner, die mir wieder einmal zeigten, was für einen tollen Job ich habe. Vielen Dank dafür. Ich freue mich auf unsere gemeinsame Tour im nächsten Jahr.

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