Seto Pokari

Am Tag nach unserem Abstieg vom Mera Peak nach Kongma Dingma hieß unser nächstes Ziel im Hunku Tal Seto Pokari. Eine Etappe, die in mir die Zuversicht hinsichtlich der Machbarkeit des Amphu Laptsa wieder wachsen ließ. Es lag zwar noch eine ganze Menge Schnee, aber wir kamen dennoch gut voran.

Ich war sehr gespannt auf Seto Pokari, weil es dort ein bewirtschaftetes „Teehaus“ geben sollte. Man darf sich darunter allerdings kein Haus vorstellen. Eine Steineinfriedung mit einer Plane drüber. Fertig! Sehr interessant ist für mich die Tatsache, dass dort jemand eine Art Gastwirtschaft betreibt. Für wen? Etwa extra für uns? Woher wusste er, dass wir kommen würden?

Auf dem Weg vom Mera La hinunter ins Hunku Zal nach Kongma Dingma geht man auf einen großartigen, sehr wenig bestiegenen Siebentausender, den Chamlang, zu. Einer der unzähligen grandiosen Bergblicke in diesem Tal.

Wir sind in diesem Jahr mit großer Wahrscheinlichkeit die erste Gruppe, die vom Mera La ins Hunku Tal abgestiegen ist. Wir zählen zwar immer noch mehr als 30 Leute, aber lohnen kann sich das trotzdem kaum, denn hier ist außer uns niemand. Und es wird auch niemand mehr in dieser verkorksten Saison kommen. Schon gar nicht nach uns.

Die mit einer blauen Plane überdachte Steineinfriedung ist zum Glück sehr groß. Alle unsere Träger und auch die Küchencrew können relativ bequem in diesem Hauszelt unterkommen. Ein junges Paar betreibt die Trägerherberge. Doch als wir hier eintrafen, ahnten wir noch nicht, wie wichtig Seto Pokari für uns noch werden würde.

Unser Lager in Seto Pokari. Im Hintergrund die „Herberge“. Wieso hat jemand hier, im gefühlt abgelegensten Ort der Welt, ein Teehaus geöffnet? In einem Tal in das man nur über zwei hohe Pässe kommt! Für mich ist dieser Ort gerade jetzt einer der wichtigsten und seltsamsten, in denen ich je war.

Gestern nun sollte es bis ins Basislager des Amphu Laptsa gehen. Durch den vielen Schnee machte uns wieder mal die Wegfindung Probleme. Mit Maila, unserem Koch (!), versuchte ich, einen guten Weg zu finden. Die einzige Orientierung boten Steinmänner. Aber ihnen konsequent zu folgen, hieß nicht immer, einen für die Träger guten, also gefahrlos gangbaren Weg zu bahnen. Wir mussten improvisieren. Und wir wurden auch fehlgeleitet, weil der Weg zum Amphu Laptsa stellenweise mit dem zum Mingbo La identisch ist. An der Weggabelung lief ich falsch. Allerdings korrigierte Maila meinen Fehler.

Für unsere Träger ist ein solcher Ort bei einem klassischen Zelttrekking in einer abgelegenen Region sowas wie ein Palast. Und das, obwohl ein Foto nicht annähernd zeigen kann, wie es hier drin wirklich aussieht.

Für unsere Träger ist ein solcher Ort bei einem klassischen Zelttrekking in einer abgelegenen Region sowas wie ein Palast. Und das, obwohl ein Foto nicht annähernd zeigen kann, wie es hier drin wirklich aussieht.

Die Konsequenz daraus war, dass, so jedenfalls meine Einschätzung, die Träger das Vertrauen in uns verloren. Auch machte ihnen ganz sicher die Vorstellung zu schaffen, am nächsten Tag den tiefverschneiten und fast 6000 Meter hohen Pass zu überqueren. Sie hatten Angst davor und wohl auch vor der eisigen Nacht im Basislager.

Obwohl wir schnell wieder auf dem richtigen Weg waren und sich der Tag vom Wetter und auch von den Anstrengungen für unsere Träger keineswegs von vielen anderen zuvor abhob, beschlossen sie, nicht weiterzugehen. Sie wollten nach Seto Pokari zurückkehren. Man könnte auch Streik dazu sagen.

Die Träger kehren um. Es hatten sich zwei Gruppen gebildet. Die eine wollte weiter, schließlich würde es für die Passüberquerung einen fetten Extrabonus geben, die andere umkehren. Die hat sich dann offensichtlich durchgesetzt.

Als diese Entscheidung fiel, waren Urs, Maila und ich weit voraus, um den Weg zu suchen und eine Spur zu treten. Ich konnte also keinen Einfluss auf die Entscheidung der Porter nehmen und tat es auch dann nicht, als ich wieder bei ihnen eintraf. Unsere Porter sind nun mal diejenigen, welche im Sinne des Wortes die Hauptlast gerade auf diesem Trek hier tragen.

Ich akzeptierte ihren Beschluss vorbehaltlos und meine Gäste tun das, teilweise allerdings mit Zähneknirschen, ebenfalls. Dass diese Umkehr unser Glück war, dass wussten wir zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Hoffentlich reicht der Strom für die nächste News…

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9 Antworten

  1. Veronica sagt:

    Es bleibt spannend …….

  2. Joachim Herrmann sagt:

    Jetzt überschlagen sich die Ereignisse ! Nachträglich noch herzlichen Glückwunsch an das Gipfelteam um Olaf ! Was für ein unglaublich schöner Tag ! Ich hoffe , dass alle anderen ebenfalls die wunderbare und entlegene Landschaft um den Chamlang , Makalu und all die anderen Eisriesen genießen konnten . Und jetzt der Rückzug aus dem Honku Tal … zum Glück !? Ich bin gespannt ! Euch allen auf jeden Fall alles Gute und liebe Grüße von Christine und Joachim !Sabine bleib tapfer !

  3. Thomas Schmidt sagt:

    Oops, gab es etwa Lawinen oder Abbrüche in der Passregion??
    (ich erinnere mich an die spektakulären Eisterrassen des Amphu noch sehr gut…)

  4. Heinz Haas sagt:

    Bisher hattet ihr ja, trotz des schlechten Wetters , immer wieder Glück. Ich hoffe es hat diesmal wieder d´gereicht – da ja die Träger die Entscheidung getroffen haben. Respekt vor der Natur und Bauchgefühl sind oft die Besten Berater. Bin gespannt auf den nächsten Bericht…
    Sabine ich hoffe dir geht’s soweit gut und du nimmst diese wunderschöne Bergwelt und deren Kraft in dir auf. Freu mich auf deine Bilder und Erzählungen. Lg Heinz

  5. Jens K. sagt:

    Hallo Ihr alle,
    man denkt, wenn man Deinen Blog, Olaf, über Jahre verfolgt hat, dass nichts außergewöhnlich Anderes passieren kann, als gutes oder mistiges Wetter zu erleben, von Gipfelglück oder von Misserfolg zu lesen. Aber nun so etwas, dass die ganze Mannschaft umkehren muss, dies hatte ich nie und nimmer auf der Agenda. Man lernt eben nie aus und das Leben hat immer eine Überraschung parat. Ich bin gespannt, wie es weitergeht …
    Für Karin und Olaf hab ich ein schönes Trostpflaster: Ihr kommt einfach nächstes Jahr noch mal mit! (;-|)
    Beste Grüße und alles Gute
    Jens

    • Jens K. sagt:

      Oh Gott, die Verkalkung geht weite: Ich meinte natürlich Karin und CHRISTIAN, Olaf fährt ja sowieso …
      Jens

  6. Sina sagt:

    …da bin ich jetzt aber gespannt!

  7. Christine Angermüller sagt:

    Wir halten dem ganzen Team fest die Daumen, so viel schlechtes Wetter kann es doch gar nicht geben!
    Allen viel Glück und gute Gesundheit!
    Viele Grüße und hoffentlich nur noch gute Tage!

  8. Hilke sagt:

    ……hoffentlich reicht der Strom für die nächsten News! Ich bin schon sehr gespannt und drücke euch die Daumen, dass alles gut geht.

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