Allein

Anstecken werde ich mich hier nicht! Weil ich nämlich schon längst infiziert bin: Von der Schönheit, der Ruhe und der Erhabenheit dieser erstaunlichen Landschaft um mich herum. Und Claudia, die arme, macht das jetzt auch gerade durch. Der Himalaya ist extrem virulent.

Mal von der Tatsache abgesehen, dass wir nicht wissen, wie wir wieder nach Hause kommen sollen, geht es allen gut. Mit Kumar stehe ich mit meinem Satellitentelefon in Verbindung, deshalb weiß ich, dass Steffen und Günther mit einem Träger nach Namche zurückgekehrt sind. Sie haben ihre Tour also abgebrochen und das ist sehr schade. Steffen macht sein Knie zu schaffen, Günther klagte bei seinem dritten Aufenthalt hier über die Kälte. Und kalt ist es hier tatsächlich.

Uta, Jana und Alex sind mit Kumar auf dem Weg ins Khumbutal zum Basislager des Mount Everest, welches sie heute oder morgen erreichen werden. Anschließend haben sie auch noch genug Zeit, einen Abstecher ins Imjatal zur Südwand des Lhotse und dem Chukhung Ri zu unternehmen. Sie werden die Vier-Täler-Tour vollenden.

Claudia und ich sind gut im Basislager des Nirekha angekommen. Die Entscheidung dieses Jahr auf Träger und nicht auf Yaks zu setzen, erwies sich als goldrichtig. Es liegt zwar nicht ganz soviel Schnee wie im vergangenen Jahr aber es ist immer noch deutlich zu viel für die tibetischen Grunzochsen.

Das gefällt mir hier ganz besonders. Dieser Platz für unser Basislager am Nirekha hat alles, was das Herz begehrt: 10 Stunden Sonne, gutes Eis nur ein paar Gehminuten entfernt, lawinensichere und relativ ebene Zeltplätze, spektakuläre Ausblicke.

Bijei, Mukta und Chattur halfen uns beim Zeltaufbau und holten sogar noch Eis für uns. Dann stiegen sie wieder nach Tagnag ab. Am 22. März werden sie uns wieder von hier abholen. Übrigens bin ich sehr stolz und froh über die Tatsache, dass meine Träger immer wieder mit mir unterwegs sein wollen und dass schon seit vielen Jahren. Sie wissen ganz genau, dass ich weiß, wie schwer ihre Arbeit ist und wie sehr ich ihre Leistung hochachte.

Bijei, der Chef meiner Trägertruppe, hat erst letztes Jahr erlebt, als der Yaktreiber auf halben Weg hierher umkehren musste, dass ich mir nicht zu schade bin, zu spuren und genauso schwer zu tragen wie er. Und deshalb sind wir gute Freunde geworden. Das ist in einer Zeit, wo es immer schwieriger wird, verlässliche Träger zu finden, mit Geld nicht zu bezahlen.

Trotz das Claudia und ich voraus gingen und die Spur einer anderen Gruppe, die vor uns hier war, verbesserten, haben meine Träger schwer kämpfen müssen. Auch wenn ihre Last für uns zwei Hanseln so schwer gar nicht war.

Gestern war Unruhetag. Wir mussten unser Basislager noch einmal neu einrichten, weil es keine gute Idee ist, auf Schnee zu biwakieren, wenn die Sonne so intensiv scheint, wie hier gerade. Der Untergrund wird rasch total uneben. Also hieß es gleich kubikmeterweise Schnee zu schaufeln, bis wir festen Boden unter dem Zeltboden hatten. Dann haben wir neues Eis geholt und unsere Eisausrüstung 200 Höhenmeter weiter oben am Gletscherrand deponiert.

Heute nun wollen wir am Nachmittag bis zum 5600 m hoch gelegenem Cho-La-Col aufsteigen und dort weitere Ausrüstung ablegen. Morgen würden wir gern den Rand der Eiskappe in knapp 6000 Metern Höhe erreichen und schon übermorgen am Freitag könnte Gipfeltag sein. Vielleicht legen wir aber am Freitag auch einen echten Ruhetag ein, an welchem wir nur essen und trinken. Dann wäre es am Sonnabend (21. März) soweit.

Wie immer werden das Wetter, unsere Verfassung und die Bedingungen am Berg die Ratgeber bei der Entscheidung sein, wann wir den Aufstieg zum höchsten Punkt des Nirekhas in Angriff nehmen werden.

Und meine treuen Leser werden es auch wie immer als erste erfahren…

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7 Antworten

  1. Helmut Hartmann sagt:

    Hallo Claudia, hallo Olaf,

    ich wünsche Euch viel Erfolg am Berg und genießt die spektakuläre Bergwelt mit Demut und Erfurcht. Ich kann mich noch lebhaft an 2019 erinnern – es bewegt mich immer noch ungemein an die Tage und Erlebnisse am Nirekha zu denken.

    Viel Glück und bleibt gesund!

  2. Bernd Bienia sagt:

    Sei froh das ihr da seid. Unsere Tour fällt natürlich aus,aber die Planung für kommendes Jahr steht schon.
    Viel Erfolg, und kommt bitte wieder gut nach Hause.Ich denk an Euch.

  3. Kai Bittner sagt:

    Hallo Ihr Beiden,
    ich wünsche Euch maximalen Erfolg.
    Claudia…the strong german woman…wird das meistern, da bin ich mir sicher.
    Schade für Günther und Steffen…so eine dezimierte Gruppe gab es wahrscheinlich schon lang nicht mehr.
    Beste Grüße an alle aus der Heimat, welche schrittweise zum Totalstillstand kommt…das ist außergewöhnlich in jeder Beziehung.

    • Olaf Rieck sagt:

      Nein, Kai, das gab es noch nie. Und ehrlich gesagt macht mich das schon ein bisschen traurig.

  4. Elke sagt:

    Wir wünschen viel Erfolg beim Aufsteigen. Genießt die tolle Atmosphäre und die Aussicht und kommt alle gesund wieder zu Hause an. Besondere Grüße an unsere Tochter Jana
    Bis bald

  5. Daniela sagt:

    Alleinsein kann man im Moment auch sehr gut in Deutschland, es dreht sich alles um die Minimierung sozialer Kontakte. Ich wäre es allerdings lieber in den hohen Bergen! Mir geht es wie Helmut, ich kann mich an jedes Detail unserer Nirekha-Tour lebhaft erinnern, sehe tausende Bilder vor mir, erinere mich an Konversationen und Emotionen, und den Geschmack von nepalesischem Chili 🙂 Ich drücke euch ganz fest die Daumen und klettere in Gedanken mit! Wenn man euch irgendwie helfen kann was die Rückreise angeht, sagt Bescheid!

  6. Sybille und Thomas sagt:

    Bleibt bloß alle gesund! Und wenn wir irgendwie bei der Organisation des Rückfluges helfen können, sagt bitte Bescheid! Trotz Corona sind wir – und ganz besonders zwei kleine Ableger – froh, wenn Ihr alle wieder gesund in Deutschland seid! Dicke Knuddelgrüße an unseren Alex

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