Im Schatten des Everest

Wir befinden uns seit gestern mitten im Herzen des Himalaya. Da muss ich vorsichtig sein mit Superlativen, denn man sagt mir nach, dass ich eine Schwäche dafür hätte. Und leider ist gerade alles um uns herum riesig, einmalig und besonders großartig. Und dann war da auch noch dieser Tag, an dem wir den Cho La überquert haben. So einen Tag erlebt man selten. Denn wann ist schon mal alles perfekt? Aber unser Glück fing schon am Tag zuvor an. Ich schrieb ja in der letzten News, dass der Pass in den vergangenen Wochen gar nicht begangen worden ist, weil hoher Schnee den Cho La versperrte. So hatte ich mich schon seelisch und moralisch darauf eingerichtet, den gesamten Weg gemeinsam mit Kumar und Christoph zu spuren und somit neu zu eröffnen. Und den ersten Teil des Aufstieges wollten wir schon am Vortag begutachten. Doch gerade als wir im Begriff waren, aufzubrechen, sahen wir von oben Menschen herunterkommen. Gleich mehrere Gruppen mit insgesamt 21 Leuten hatten sich zusammengetan, um den Pass zu neu zu begehen. Mir fiel ein Stein vom Herzen, weil ich nun wusste, dass wir den Übergang schaffen würden. Vorher war mir das gar nicht so klar. Denn niemand konnte uns sagen, wie es dort oben aussah.

Als wir dann vorgestern aufbrachen, waren die Bedingungen in jeder Beziehung einzigartig. Strahlender Sonnenschein bei glasklarer Sicht, kaum Wind und nicht gar so kalt. Jeder einzelne in meiner Gruppe war bestens motiviert und inzwischen auch akklimatisiert. Die idealen Voraussetzungen für einen unvergesslichen Bergtag. Schon um halb elf Uhr standen wir alle auf dem Übergang und staunten über den wiederum grandiosen Ausblick.

Cho La

Der 5420 Meter hohe Cho La verbindet das Ngozumpa-Tal, das der Cho Oyu abschliesst, mit dem Khumbutal, welches der Everest dominiert. Dieser Pass ist der meistbegangene in der Khumbu-Region.

Gestern sind wir dann von der Alm Dzongla (4820 m), wo wir in einer einfachen Lodge übernachtet haben, zum 5200 Meter hoch gelegenen Gorak Shep gelaufen. Hier verbringen wir die beiden höchsten Nächte auf dieser Reise. Am Nachmittag ist dann noch ein Teil meiner Gäste zu einem fast 5700 Meter hohen Aussichtspunkt aufgestiegen, um den Everest im Abendlicht zu bewundern.

Heute nun stand ein weiterer Höhepunkt unserer Reise auf dem Programm. Wir waren im Basislager des Mount Everest. Für viele ein magischer Ort, an dem so viele Triumphe und Tragödien ihren Ausgang genommen haben. Derzeit wird ja begonnen, diesen Ort auf die Saison vorzubereiten, welche Anfang April beginnt. Bis zu 1000 Bergsteiger und Sherpas bevölkern dann den oberen Teil des Khumbugletschers. Beim meinem Versuch am Everest 2005 habe ich 800 Zelte gezählt. Yakkarawanen und Trägerkolonnen schaffen die zweite Märzhälfte fast ununterbrochen die Ausrüstung für die Küchen und die Versicherung des Khumbueisbruchs hinauf.

Basecamp

Etwa drei Stunden sind wir heute bis zum 5350 Meter hoch gelegenen Basislager des Everest aufgestiegen. Und die ersten zwei Zelte waren auch schon da.

Morgen nun steht die letzte Prüfung auf unserem Trekking-Programm. Wir überschreiten den mit 5535 Metern höchsten Pass. Doch nicht nur deswegen ist dieser dritte Übergang in Folge eine schöne Herausforderung, die aber nicht mehr alle meine Gäste annehmen können bzw. wollen. So werden wir morgen nur zu siebt über den Kogma La und den sehr langen Weg nach Dingboche gehen. Wie immer finde ich die Entscheidung, zu verzichten, sehr weise. In den Bergen ist man fast immer Gefangener der einmal getroffenen Entscheidung. Und da wir in einer Gruppe unterwegs sind, nimmt derjenige, der sich falsch entscheidet, die anderen gleich mit in Haft. Die müssen dann die Konsequenzen der Fehlentscheidung ausbaden. Doch diese Gefahr ist nun gebannt. Und wenn wir dann morgen abend in Dingboche alle wieder vereint sind, dann gibt es, wenn mich nicht alles täuscht, eine Party. Endlich mal was anderes als Tee!

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9 Antworten

  1. Sybille sagt:

    ……..Verzicht bedeutet Stärke……….
    Euch allen weiterhin glückliche Momente und Einklang mit der Natur!
    Wir genießen daheim den Sonnenschein…….,alles erwacht und stimmt froh.
    cu Sy.

  2. peter Schröder sagt:

    Da wollte der alte Biker aus Roßlau mal gucken,wann es denn losgeht..zu spät.Abernichtzu spät,um eine gute Zeit und eine glückliche Heimkehr zu wünschen für die beiden
    Coswiger.Ich kann zwar nichts dafür,bin aber
    trotzdem stolz ob Eurer Leistung und ein bißchen
    wehmütig.Bis bald.

  3. Heike und Jens sagt:

    Liebe Riecks,
    Eurern Ausflug zum „Dach der Welt“ versucht man gedanklich nchzuvollziehen. Es muss wunderbar sein. Die täglichen Strapazen kann man von der Ferne nur erahnen. Haltet durch und kommt gesund nach Haus. Wir sehen uns zu Heikes Geburtstag, in Dessau.
    Viele liebe Grüsse aus Veringen
    Heike und Jens

  4. Helga und Claus sagt:

    Hallo Kerstin und Peter,
    danke für Eure Nachrichten. Wir verfolgen eure Touren auf der Hompage und sind voll begeistert. Weitere erlebnisreiche Tage und tolle Eindrücke. Hut ab vor eurer Leistung.
    Gruß Helga und Claus

  5. Madeleine sagt:

    Liebe Olaf,
    So wie die Sonnenstrahlen hier ihre Kraft verteilen, scheint diese bis zu Euch hinauf. Es freut mich das deiner Tour unter so fantastischen Verhältnissen abläuft. Die Bilder sind einfach großartig und wecken die letzten Lebens- und Abenteuergeister in einem. Ich wünsche Dir für die letzten Wege alles Liebe und viel Einzigartigkeit, welche du mit großer Sicherheit zu finden weißt. Und natürlich die angedachte Party, zur Entspannung und Erholung und zum „Teeausgleich“.
    In lieben Gedanken….Madeleine

  6. Erik Lill sagt:

    Lieber Jochen, liebe Reisegruppe,
    meine Hochachtung vor eurer Leistung und das bei bester Gesundheit. Hier steht der Frühling in den Startlöchern bei bis zu 20°C und Sonnenschein. Wenn ihr nach hause kommt, wird sicher schon alles grün sein. Euch noch viel Spass und Jochen noch viele kuschlige, tretminenfreie Flächen gleich neben dem Zelt.
    Sport frei. —Erik—

  7. Veronica sagt:

    Hallo Olaf,
    super, dass ihr solche schönen Tage und Erlebnisse habt! Davon haben wir Leser dann auch etwas!
    Ich freue mich mit euch!
    Herzliche Grüße
    Veronica

  8. Olaf sagt:

    Lieber Vati,
    Bewunderung, Hochachtung & vieles mehr!
    In diesen Tagen erfüllst du dir die Träume deines Lebens.
    Warum muß ein Bergsteiger dort hinauf ?
    dazu meineErinnerung a.Tagebuch`86 “ …wenn der Berg bezwungen ist, nichts hat sich verändert, nicht der Berg, nicht die Landschaft. Und doch hat man sein Ziel erreicht – man hat sein Wesen verwirklicht “
    Alles scheint möglich – Grüße an das ganze Team.
    Dein Olaf

  9. Jürgen sagt:

    Lieber Jochen,
    wir hätten nie gedacht, dass Du dem Bergsteigen so verfallen könntest. Aber große Klasse für Dein Alter. Alle Achtung.
    Komm gut wieder heim. Bis bald.
    Ingrid und Jürgen

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