Letzte Tage in Kathmandu, 20.-23.11.2002
24.11.02 (Olaf)
Northfield Café, Wunderbar?? Das, was ich den Rest dieses 24. November zu mir nahm, paßt in einen Fingerhut: Zwei Pillen gegen Durchfall und drei gegen Übelkeit. Man kann sich aber auf gar nichts mehr verlassen. Jetzt muß ich dieses nette Lokal womöglich von meiner Liste streichen? Aber auch das ist hier in Nepal bzw. in Kathmandu so normal wie der morgendliche Nebel. Man sollte nur die richtigen Medikamente in der Apotheke haben.
Heute war hier in Nepals Hauptstadt nun so eine Art Ruhetag ausgeschrieben. Sightseeing, Kathmandu leer kaufen (so kommt es mir zumindest vor) oder sich auf der Dachterasse sonnen, waren die bevorzugten Beschäftigungen dieses Tages.
Einen hochoffiziellen Termin gab es aber auch noch: Die Einladung zum großen gemeinsamen Abendessen mit unserer Agentur. Sehr passend übrigens zu der Tatsache, daß ich heute keinen Bissen hinunter bekam, denn diese Gelage sind immer ein großartiger Gaumen- und Augenschmaus. Für mich allerdings nur letzteres. Besonders der überdimensionale Kuchen rief allgemeine Begeisterung hervor, besonders bei den Kindern der Geschäftsführer unserer Agentur "Multiadventure".
25.11.02 (Olaf)
An diesem Tag stand nun der wichtigste Termin auf der Tagesordnung, den so eine Expedition wie unsere haben kann, nämlich das sogenannte Debriefing im Tourismusministerium. Dort fragen einen hohe Beamte ein weiteres Mal über die Einzelheiten der Expedition aus. Das hatte ja vorgestern Frau Hawley schon gemacht. Und, was das wichtigste ist, bei diesem Termin wird entschieden, ob die Expedition das Geld für den Müll wiederbekommt. Wir mußten vor der Abreise in die Berge 1000 $ hinterlegen. Wenn nach Meinung des Verbindungsoffiziers, der Müll ordentlich entsorgt, also vollständig mit hinunter ins Tal gebracht, in Namche bei der SPCC abgegeben und dies von dieser Organisation auch schriftlich bestätigt wurde, dann kriegt man meistens auch sein Geld zurück.
Schon seit zwei Tagen füllte ich fleißig Formulare aus. Man kann sich gar nicht vorstellen, was nepalesische Beamte alles wissen wollen. Auf einem sollte ich auch die Zusammenarbeit mit unserem Verbindungsoffizier beurteilen. Wie wichtig dieser Mann ist, zeigt ja schon, daß er verantwortlich ist, ob wir die Müllgebühren zurückbekommen oder nicht. Nur habe ich Herrn Giri, so hieß der Mann, nie in unserem Basislager gesehen, obwohl er sage und schreibe 1500 $ für Lohn und Ausrüstung kassiert hat. Er war wohl mal für eine Stunde da, erzählte uns Dharma, aber da befanden wir uns alle gerade im Hochlager. Was sollte ich also schreiben? Ich sollte ihn sowohl schriftlich beurteilen als auch ankreuzen, ob er schlecht, gut oder sogar exzellent gearbeitet hat. Nun, ich schrieb ganz einfach die Wahrheit hin. Das war ziemlich dumm von mir. Im Ministerium wurde mir bedeutet, daß dies so nicht ginge. Herr Giri sei krank gewesen, so daß er nicht im Lager bleiben konnte. Ich meinte, daß dies ja häufig vorkomme und wir auch nicht seine 1500 Dollar zurückwollten. Alles sei bestens, nur könne ich ja wohl schlecht seine Arbeit beurteilen, schon gar nicht in einer schriftlichen Beurteilung. Lange Rede kurzer Sinn, ich konnte doch und der Mann kam gut weg dabei. Daraufhin war er auch der Meinung, daß wir unser Müllgeld wiederbekommen sollten. Alle waren wieder ganz freundlich und man servierte uns einen Tee. Und so hatte unser Debriefing dann doch noch das ersehnte Happy End auf der nepalesischen Staatsbank.
26.11.02 (Vera)
Neben den offiziellen Terminen hatte jeder auch etwas Freizeit. Und die wurde ganz unterschiedlich genutzt. Zwischen dem morgendlichen Besuch im "Pumpernickels" (weiter unter folgt eine nette Anekdote aus dieser "bakery") und dem abendlichen Essen im "Kilroys" oder "Northfield Café", die wir meist gemeinsam absolvierten, gab es riesengroße Einkäufe und nur wenig Sightseeing.
Da ich kurz vor der Expedition meine Wohnung gewechselt hatte, füllten sich meine Taschen mit Teppichen, Kissenbezügen, handgemalten Thankas (traditionelle Rollbilder mit Buddha- oder Mandalamotiven) für die Wände und natürlich, da ja bald Weihnachtszeit ist, mit vielen Teesorten. Das Sightseeing gestaltete sich schwieriger: Da man sich mindestens einen halben Tag Zeit nehmen muß für nur eine Sehenswürdigkeit der Stadt, lohnte es sich für mich nicht, zu starten. Das ist auch wieder ganz typisch Nepal: Du planst und organisierst dir einen Termin um 11.00 Uhr, der verschiebt sich dann aber, weil die Person eben plötzlich nicht kann, auf 13.00 Uhr und sofort ist der Tag auch schon um. Wer keine Geduld hat, kann sie hier lernen. Warten gehört dazu. Doch dafür beobachtete ich im Gegenzug die Geschäfte und Geschäftigkeit der Menschen und hänge meinen Gedanken nach. In Deutschland wäre das "verlorene" Zeit.
Ich habe mir vorgenommen, einmal nur nach Kathmandu zu reisen und mir all' das anzusehen, wofür ich jetzt keine Zeit hatte. Auf meiner Liste stehen dann die drei großen religiösen Stätten: Swayambhunath, Boudnath (beides buddhistische Tempel) und Pashupatinath (der wichtigste hinduistische Schrein), das Kathmandutal mit seinen Hügeln und kleinen, traditionellen Dörfern, aber auch die abgelegen, sehr armen Teile Kathmandus. In Thamel, dem Touristenviertel schlechthin, ist das wirkliche, harte Leben der Nepali nicht zu erkennen. Dafür pulsiert hier das bunte und frohe Leben eines weltoffenen Schmelztiegels, und den findet man auch im "Pumpernickels".
In dieser "bakery" gibt es richtiges Brot. Das an sich ist nichts Besonderes, doch die Maschinen und die Öfen, in welchen die Leckereien entstehen, hat ein Schweizer Bäcker a.D. nach Kathmandu gebracht. Sozusagen als angewandte Entwicklungshilfe für eines der ärmsten Länder der Welt. Er selbst erzählte uns, daß er zu Beginn seiner Rentenzeit eine Reise nach Nepal gebucht hatte und hier auf eben diese Idee gekommen wäre. Jetzt reist er zwei Mal im Jahr für drei Wochen hierher und kontrolliert die Arbeit, bringt neue Ideen mit und steht jedem Rede und Antwort. (Endlich kennt Olaf das Geheimnis der Schwarzbrotentstehung!). Die Beliebtheit der "bakery" ist immer morgens am besten zu sehen, dann windet sich eine lange Schlange von Hungrigen vor der Theke im Garten. Ein kleiner Auszug aus dem Angebot soll Euch Lesern das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen: Walnussbrot, dunkle (d.h. mit Haferflocken bestreute) und helle Baguette, Marmorkuchen, Apple Pie, Schoko-Croissants mit weisser Schokolade, fertige Sandwiches mit dem klangvollen Namen "Cream Cheese Salad Roll", gefüllte Gemüsetaschen. Da muß ich zumindest immer überlegen, welche Köstlichkeit auf meinen Teller kommt, dazu ein Kännchen Jasmin-Tee, und das Frühstück ist geritzt. Daheim besteht es meist nur aus Müsli. Darauf freue ich mich nach dieser Völlerei allerdings auch sehr.