Rückkehr nach Kathmandu
20.11.02 (Olaf)
So ähnlich wie der gestrige Tag endete, so begann der heutige, nämlich ruhig. Die beiden Aufgaben dieses Tages: Die Neuigkeiten für das Internet und die Leipziger Volkszeitung auf die Festplatte bringen und einen großen Batzen Medikamente und medizinische Ausrüstung unserer Expeditionsapotheke in das Sherpakrankenhaus nach Khunde schaffen. Ersteres übernahm zum größten Teil Dirk, letzteres erledigten Lydia und ich.
Wir beide wanderten nach dem Frühstück los und wollten diesen Spaziergang auch dazu nutzen, uns von der gigantischen Gebirgslandschaft des Khumbu-Himalayas zu verabschieden. Wir hatten es nicht eilig und genossen es, ohne Last und ohne einen Gedanken an irgendwelche Träger, Yaks oder Checkpoints zu verschwenden, die sagenhaften Bergsichten zu genießen, die sich auf dem Weg hinauf nach Khunde bieten. Wir mussten noch einmal 400 Höhenmeter aufsteigen, was einem aber nach einem vierwöchigen Aufenthalt in über 5000 Metern nicht mehr allzuviel ausmacht. Und gerade deshalb war dieser Spaziergang so wohltuend.
Oben in Khunde im weltberühmten Hillary-Hospital angekommen, gab es ein großes Hallo. Die Dinge, die wir mitbrachten, zum einen Teile unserer Expeditionsapotheke, zum anderen eine Spende einer befreundeten Ärztin, machten die beiden kanadischen Ärzte außerordentlich froh. Täglich um die 40 Patienten muessen hier versorgt werden, und da ist jede Spende mehr als willkommen. Schon ganz und gar, wenn es nicht nur Medikamente und Verbandsmaterial sind sondern auch solche Sachen wie Skalpelle, verschiedene Spritzen und diverse andere Ausrüstung.
Mit einem guten Gefühl machten wir uns wieder auf den Rückweg. Wieder in Namche angekommen, ging es dann an das Verpacken der persönlichen Sachen, denn morgen sollte es ja auf den ziemlich langen Weg nach Lukla gehen. Dharma war den ganzen Tag unterwegs, um Träger zu besorgen. Dies ist gar nicht so einfach in der Wochenmitte, weil alle Träger außerhalb Namches auf Jobsuche sind, um dann am Freitag hierher zum großen Samstagsbasar zurückzukehren. Samstag, Sonntag und Montag herrscht dann in Namche immer Trägerschwemme. Aber Dharma wäre nicht unser treuer und tüchtiger Shirdar, wenn er das Problem nicht in den Griff bekommen hätte.
21.11.02 (Olaf)
Um 6.00 Uhr klingelte der Wecker, eine Stunde später wollten die Treiber unserer Dzopzioks (Kreuzung aus Yak und Rind) ihre Tiere beladen. Yaks tragen übrigens niemals unterhalb Namches Lasten. Laut ihrer Treiber ist ihnen dort unten einfach zu warm.
An diesem Morgen wurde es also noch einmal richtig hektisch. Denn wenn sieben Bergsteiger, vier Treiber, drei Träger und acht Dzopzioks in und um eine Logde wuseln und insgesamt immer noch 19 Lasten durch die Gegend geschleppt werden müssen, dann bleibt kein Auge trocken. Vor allem, weil der Weg nach Lukla so lang ist, daß wir uns alle beeilen mußten.
Nachdem alles verschnürt und auf die Träger und Tragtiere verteilt und aufgeladen war, frühstückten wir noch ein letztes Mal in unserer gemütlich Lodge, ehe wir losmarschierten. Auf dem Weg durch Namche machten wir noch Mal bei unserem tibetischen Freund Nge Don halt und erledigten ein paar Einkäufe, ehe wir dann endgültig von den ganz hohen Bergen des Himalaya Abschied nahmen.
Etwa sechs bis sieben Stunden reine Gehzeit benötigt man von Namche nach Lukla. Mit zwei oder drei ausgiebigen Pausen, ist man locker acht bis neun Stunden unterwegs. Kurz vor dem Dunkelwerden trafen wir in Lukla ein. Auf unser Gepäck allerdings warteten wir vergeblich an diesem Abend. Das wäre an sich so schlimm nicht gewesen, auch wenn wir die Nacht jetzt ohne Schlafsäcke auskommen mussten. Aber unser Flugzeug sollte morgen in aller Frühe starten. Wir würden buchstäblich ohne alles wieder in Kathmandu eintreffen.
22.11.02 (Olaf)
Ich hab mir schon lange abgewöhnt, mich hier in Nepal darüber aufzuregen, das etwas nicht funktioniert. Erstens, weil man dies in der Regel sowieso nicht ändern kann. Nepal ist oft gerade deswegen sogar liebenswert. Zweitens ist es genaugenommen so gut wie nie so, daß etwas nicht funktioniert. Es regelt sich alles nur anders, als man sich das so gedacht hat. Das beste ist immer, abzuwarten, Tee zu trinken, zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln und dann einzugreifen, wenn die Aussicht besteht, etwas zum Guten zu wenden. Das war aber an diesem Morgen nicht mal nötig, denn in Kathmandu war es neblig. Das bedeutete, daß sich unser Abflug um drei Stunden verzögerte. Unser Dzopzioks kamen, alles wurde abgeladen und ohne Hektik verwandelten sich unsere Traglasten in unser Aircargo. Sogar Zeit für ein ausgiebiges Frühstück fanden wir noch.
Der Flug war wie immer ein phantastisches Erlebnis. Wann hat man schon mal die Gelegenheit so dicht an den höchsten Bergen der Welt vorbei zu fliegen? Aber dann plötzlich Kathmandu! Ein Moloch aus Menschen, Schmutz und Gestank. Und doch liebe ich diese Stadt. Wenn ich allerdings aus den Bergen komme, brauche ich immer ein paar Stunden, um mich an sie zu gewöhnen.
Unsere Agentur bereitete uns einen ganz lieben Empfang mit Blumenkränzen und einem Plakat, auf dem wir auf deutsch willkommen geheißen wurden. Tja und dann Hotel, Duschen, Essen, ein Bier trinken, was für Wohltaten!
23.11.02 (Olaf)
Heute ist großer Packtag! Schon wieder, aber diesmal völlig ohne Hektik. Wir haben Zeit hier in Kathmandu. Das letzte Mal muß alles wieder aus und eingepackt werden, weil wir Listen für den Zoll anfertigen müssen. Außerdem muß nun alles ganz anders verpackt werden, als das zum Beispiel für den Transport mit Trägern oder Tragtieren notwendig ist.
Jetzt kommt es nicht mehr darauf an, daß jede Last ein bestimmtes Gewicht hat und vor allem gleich schwer ist. Wenn ein Yak zum Beispiel, welches immer zwei Lasten trägt, unterschiedlich schwere Tonnen aufgeladen bekommt, dann wird es unsicher gehen oder die Lasten werden herunterrutschen. Jetzt für unser Aircargo nach Deutschland müssen wir möglichst viel in unsere Tonnen hineinbekommen, und es ist völlig egal wie schwer sie sind. Damit, also mit dem Vollstopfen der Plastetonnen, verbringen wir den heutigen Tag, und ich bin außerdem in Sachen Debriefing unterwegs. Doch dazu in den nächsten Tag mehr. Jetzt werde ich mich erst mal vollstopfen gehen. Northfield Cafe, wunderbar!