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Chhukhung, 19./20.10.2002

19. Oktober

Da es nach Chhukhung (4734 m), unserer letzten Station vor dem Basislager, von Dingboche aus nur anderthalb Stunden Wegzeit sind, hatten wir an diesem Morgen keine Eile. Wir schliefen lange, frühstückten ausgiebig, sonnten uns, schrieben Tagebuch usw.. Erst gegen 14.00 Uhr brachen wir in aller Ruhe auf. In Chhukhung angekommen, war die Wiedersehensfreude abermals groß. Hier habe ich auch eine Stammherberge, und die Besitzer freuen sich immer, wenn ich wiederkomme. Hier in Chhukhung wollten wir einen Ruhetag einlegen. Wir waren jetzt seit Namche in drei Tagen 1250 Höhenmeter aufgestiegen und brauchten jetzt mal zwei Naechte hintereinander die gleiche Schlafhöhe.

20. Oktober (Ruhetag)

Die Vokabel Ruhetag wurde aber nur deshalb von uns benutzt, weil man solche Tage, an denen nicht weiter aufgestiegen und keine neue Schlafhöhe erreicht wird, eben so nennt. Wir hatten nämlich vor, den Chhukhung Ri (5546 m) bzw. den Chhukhung Peak (5883 m) zu besteigen. Lydia und ich wollten auf letzteren, weil wir beide schon mehrfach auf ersterem waren.

Bevor es losgehen konnte, musste allerdings noch einiges organisiert werden. Während des Transports waren 10 Kilogramm frisches Gemüse und Kartoffeln abhanden gekommen. Die hatten wir nachbestellt. Das Yak mit diesen Dingen sollte schon gestern zum Basislager aufgestiegen sein. Es war überfällig. Also musste unser Shirdar, Dharma Tamang, runter nach Dingboche laufen, um nachzuschauen, was los ist. Außerdem fehlte oben im Basecamp noch das Messzelt, sonst war alles wohlbehalten dort angekommen.

Nachdem diese Dinge geklärt waren, ging es für Lydia und mich so gegen 8.30 Uhr los. Um auf einen fast 6000 Meter hohen Berg zu klettern, war es eigentlich schon ein bisschen spät. Aber wir wollten es wenigstens versuchen. Wenn das Wetter hielt, dann konnten wir es schaffen. Es ging gut voran, in weniger als drei Stunden standen wir am Fusse des Chhukhung Peak in 5170 Meter Höhe.

Jetzt ging es steil nach oben. Über endlose Geröllrinnen und später leichte Felskletterei näherten wir uns ziemlich rasch dem Gipfel. Das Wetter war traumhaft und ganz offensichtlich wollte der Berg unseren Erfolg. Gegen 14.00 Uhr standen wir am Gipfel und hatten einen der großartigsten Bergblicke, die man auf dieser Welt haben kann. Die Nuptse- und Lhotse Südwand ragt unmittelbar vor einem auf. In östlicher Richtung erhebt sich der gigantische Makalu, in westlicher Richtung der Cho Oyu. Nach Süden ragt die unvergleichliche Ama Dablam in den Himmel. Und natürlich unser Berg, der Num Ri, stand in seiner ganzen Pracht vor uns.

Doch die 1100 überwundenen Höhenmeter forderten ihren Tribut. Wir waren beide ziemlich k.o. dort oben und machten uns dementsprechend rasch auf den Rückweg. Als wir gegen 17.00 Uhr mit dem letzten Licht wieder in unserer Lodge in Chhukhung ankamen, trafen wir auf lauter glückliche Gesichter. Alle anderen hatten auch ihr Ziel erreicht und den Chhukhung Ri bestiegen. Wenn das kein gutes Ohmen ist?
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