Aufstieg nach Namche Bazar, 14.10.2002
Nach einer wohligen Nacht in warmen Schlafsäcken sitzen wir beim Frühstück. Klar, die Yaks sind noch gekommen und haben unsere persönliche Ausrüstung gebracht.
Heute erwartet uns ein relativ anstrengender Tag, der Aufstieg nach Namche Bazaar. Zweihundert gemütliche Höhenmeter entlang hübscher Dörfer, über Hängebrücken, durch duftende Nadelwälder. Abschliessend, also als Krönung des Weges, folgt ein sechshundert Höhenmeter hoher und relativ steiler Anstieg, der vor den Toren von Namche Bazaar endet. Ich hatte ein wenig Angst vor diesem Tag, denn immerhin musste mein Fuss dieser Belastung standhalten. Am Abend vor dem Abflug nach Kathmandu versuchte ein befreundeter Chirurg, die starke Schwellung auf dem Spann abzupunktieren. Leider brachte das überhaupt keinen Erfolg. Im Gegenteil, am nächsten Tag prangte der Buckel noch praller. Im Flughafen von Dhaka wurde ich im Rollstuhl mit meinen Krücken auf dem Schoss transportiert. Wie peinlich. Und noch schlimmer, die Gesichter der Leute in Nepal, wenn ich auf ihre Frage, was ich denn hier mache, antwortete. Ich kanns verstehen, wie eine fitte Alpinistin wirkte ich in dem Moment nicht sonderlich. In Kathmandu hatte ich dann jeden Meter mit der Rikscha zurückgelegt. Aber dann ging es nach Lughla. Die Krücken lies ich im Hotel, in den Bergen gehen ja alle Trekker mit Wanderstöcken, da war ich gut getarnt. Irgendwie stopfte ich den Fuss mit dünnen Socken in den Bergschuh und auf ging es. Alle waren erstaunt, wie schnell ich ging. Aber ich wusste, je länger unterwegs, umso länger Schmerz. Außerdem musste ich der Schwellung davon laufen. Es funktionierte. Ich kam zwar mit deutlich dickerem Fuss in Phakding an, aber ich kam an.
Sherpafamilie in Namche Basar
Und so komme ich heute auch in Namche Bazaar an. Ich treffe auf Olaf, der am Morgen eine knappe Stunde vor uns losgegangen war, um Plätze in der besten Lodge des Ortes zu reservieren. (Der Name? - top secret!!) Reinhardt ist schon da und die anderen folgen auch bald.
Kaum in der Lodge angekommen, gönnen sich die ersten schon mal eine heiße Dusche. Ich werde damit bis morgen warten, wenn es wieder wärmer ist. Nach dem wirklich guten Abendessen sitzen wir noch ziemlich lange beisammen und klönen, lesen, schreiben, träumen....
Namche aus der Vogelperspektive.
15.10.2002
Heute ist Ruhetag. Das ist auch absolut notwendig, da wir gestern 800 Meter aufgestiegen sind und die erste Nacht deutlich über 3000 Meter geschlafen haben. Alle haben diese Nacht gut überstanden. Nach dem Frühstück, bei dem es einen Geburtstagstisch mit Kerzen und Geburtstagslieder in drei Sprachen für Olaf gab, brechen Dirk, Reinhardt und Marcus zu einer kleinen Tour in die Umgebung von Namche auf. Das Geburtstagskind, Vera, Carsten und ich bleiben hier. Tagebücher wollen geschrieben werden, an der Kommunikationstechnik gibt es immer etwas zu werkeln, ich muss Medikamente und Verbandsstoffe sortieren, die wir dem berühmten Hillary-Hospital spenden wollen. Morgen werde ich die Sachen dorthin bringen. So wird es uns nie langweilig. Ausserdem muss ich meinen Fuss schonen. Und nicht zu vergessen: Ruhetag!!
Lydia