Ausbau Lager 1, 15./16.7.01

15.07.2001

"Aller guten Dinge sind drei" - getreu diesem Motto leuchteten beim dritten Anlauf tausende Sterne vom wolkenlosen Himmel und für Markus und Christian konnte nun endlich der seit zwei Tagen vergeblich versuchte Aufstieg ins Lager 1 in die Tat umgesetzt werden. Obwohl wir ihm am Vorabend wie so oft versichert hatten, die in Thermoskannen bereitgestellten Liter Tee und heiße Milch würden uns fürs nächtliche Frühstück völlig genügen, ließ es sich unser guter Jehangir nicht nehmen, mit aufzustehen und persönlich für ein ordnungsgemäßes Essenfassen zu sorgen und sich nach unserem Befinden zu erkundigen. So wurde aus dem schnellen Reinschleudern der obligatorischen Cornflakes dann doch ein halbwegs gesittetes Frühstück. Gesättigt und noch immer über Jehangirs Scherze lachend verließen Markus und Christian 2.30 unser Basislager.

Einige hundert Meter weiter wollten sie wie vereinbart die Spanier in ihrem Basislager abholen, um gemeinsam mit vieren von ihnen den langen Weg durch den Gasherbrum-Eisbruch in Angriff zu nehmen. Das katalanische Frühstück dauerte jedoch länger, und so gingen sie dann kurz vor 3 Uhr schon mal alleine los. Trotz schwerer Rucksäcke (22kg + für Markus noch die Ski) kamen sie zügig voran und erreichten nach zwei Stunden die Stelle, an denen Christians Ski deponiert waren. Mit Ski und Steigfellen ging es nun noch besser voran und nach weiteren drei Stunden erreichten sie bei bestem Wetter Lager 1 auf 5900m Höhe. Da man im Lager bei Sonnenschein im aufgeweichten Schnee kaum etwas außerhalb des Zeltes machen kann, verbrachten sie den ganzen Tag mit dösen, schlafen und ausruhen, ehe am Nachmittag ausgiebig auf Vorrat gekocht wurde. Lydia, Ralf und Olaf bereiteten indessen ihren für den nächsten Morgen geplanten Aufstieg vor, indem sie unten im Basislager Zelte, Lebensmittel und Kochergas zu Rucksacklasten zusammenpackten.

Zum Funkkontakt 18 Uhr zeigte sich das Wetter zwar nicht mehr so gut wie fast den ganzen Tag, aber trotzdem zeigten sich alle hoffnungsvoll, morgen den Aufstieg beginnen bzw. fortsetzen zu können...

16.07.2001

Bereits am späten Abend hatte es begonnen, zu schneien und die ganze Nacht hindurch krümelte es einiges der weißen Pracht vom dicht bewölkten Himmel. Am Morgen lagen im Lager 1 bereits 25cm Neuschnee, während es im Basislager mit 5cm eher bescheiden geblieben war. Es schneite jedoch ununterbrochen weiter, so daß an einen Aufstieg unmöglich zu denken war. Nach eingehender Beratung entschlossen sich Markus und Christian aus Sicherheitsgründen dann sogar für den Abstieg ins Basislager, denn der ununterbrochene Schneefall würde den Weg hinunter ins Basislager bei weiteren 25cm schon relativ gefährlich werden lassen, da dann alle Spalten tückisch unter lockeren Schneemengen verborgen wären. Bei Benutzung der 180cm langen Ski ist die Gefahr eines Spaltensturzes zwar ohnehin deutlich geringer, aber auszuschließen ist ein plötzlicher Abgang nach unten nicht, weshalb die beiden vorsichtshalber am Seil fuhren. Das Skifahren am Seil, noch dazu in kompliziertem Gelände und bei schlechter Sicht, ist zwar nicht unbedingt das pure Vergnügen, aber zu ein paar einigermaßen synchronen Schwüngen reichte es trotzdem.

Nachdem sie ihre Ski dann am Beginn des extrem zerklüfteten Teils des Eisbruches deponiert hatten, stiegen sie zu Fuß weiter ab. Da bei dem miesen Wetter heute auch im Basislager nichts großartiges zu tun sein würde, ließen sie sich Zeit und reparierten unterwegs die komplette Fähnchenmarkierung der Route, die durch die Schmelzwirkung der Sonne in den letzten Tagen arg in Mitleidenschaft gezogen worden war. 11.40 Uhr erreichten sie nach reichlich drei Stunden Gesamtzeit das Basislager, wo die anderen schon warteten.

Jehangir zauberte zur Begrüßung wie gewohnt ein ausgezeichnetes Mittagessen auf den Tisch und den Nachmittag verbrachten wir alle lesend und relaxend in unseren Zelten, während mit beunruhigender Gleichmäßigkeit der Schnee auf die Zelte trommelte.

Und da das Wetter aller Voraussicht nach auch morgen nicht aufstiegstauglich sein wird, planen wir einen Ruhetag im Basecamp und werden heute abend noch einen kleinen Spieleabend einlegen.

17.07.2001

Da die gestern begonnene Schlechtwetterphase mit massivem Schneefall auch heute noch anhielt, verbrachten wir den Tag als absoluten Ruhetag fast vollständig in den Basislagerzelten. Inzwischen liegen hier unten sogar schon 20 cm Pulverschnee, weiter oben werden es mindestens ein halber Meter oder mehr sein.

Einzig erwähnenswerter Vorfall: Gestern stürzte ein Teilnehmer einer anderen deutschen Expedition kurz oberhalb von Lager 1 etwa 20 m tief in eine Gletscherspalte. Die ohne Seil bei schlechter Sicht in spaltengefährdetem Gelände unterwegs gewesene Gruppe konnte mit Hilfe herbeigerufener anderer Bergsteiger den Verunfallten innerhalb von 20 Minuten bergen und in die relative Sicherheit des Lagers bringen. Wie durch ein Wunder hielten sich die Verletzungen in Grenzen. "Lediglich" Rippenbrüche und ein Bruch des Ellbogens konnten festgestellt werden. Vom Lager 1 aus stiegen heute fast alle Gruppen gemeinsam mit dem Verletzten ins Basislager, wo unsere Lydia ihn fachgerecht versorgte.

Uns selbst geht es allen prächtig, und wir warten geduldig auf Wetterbesserung.


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