Es ist kalt, als wir gegen 0.30 Uhr aus dem Flieger steigen, wer hätte das gedacht. Fünf Grad zeigt das Thermometer, und es weht ein eisiger Wind. Daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen. Sogar der Isfjord ist noch voller Eis. Das zumindest gilt für diese Jahreszeit schon als sehr ungewöhnlich und hinterläßt bei uns ein äußerst mulmiges Gefühl, denn Eis ist der natürliche Feind des Kajaks in arktischen Gewässern.
Mit Mario und mir ist ein dreiköpfiges Fernsehteam vom MDR hier eingetroffen und zwei ältere Herren, Heinz Schneider und Siegfried Czapka. Die beiden haben eine äußerst spannende und gleichzeitig merkwürdige Geschichte zu erzählen. Im September 1944 wurde im Norden des Svalbard-Archipels, auf Nordaustlandet, ein deutscher Wettertrupp ausgesetzt, der auf eine Überwinterung vorbereitet war. Die Mannschaft um den Polarforscher Wilhelm Dege, zu der Heinz Schneider und Siegfried Czapka gehörten, sollte Wetterdaten für die Kriegsmarine sammeln. Die Überwinterung gelang problemlos. Es gab auch keine sogenannte Feindeinwirkung, so daß die Arbeit bis zum Kriegsende fortgesetzt wurde. Doch dann fand sich niemand in der Heimat, der die Soldaten vom Ende der Welt abholen konnte, und so wurden die Männer regelrecht dort oben vergessen. Erst im September 1945, man hatte sich inzwischen auf eine zweite Überwinterung eingestellt, denn der Winter stand schon vor der Tür, brachte sie ein kleines norwegisches Fischerboot nach Norwegen in die Gefangenschaft. Die Soldaten des Wettertrupps „Haudegen“ waren die letzten des Zweiten Weltkrieges die noch im September 1945 unter Waffen standen. Ihre Geschichte an den Originalschauplätzen zu erzählen, denn die Wetterstation steht noch heute, haben sich die Leute vom MDR vorgenommen. Die Idee dazu haben sie von mir.
Heinz Schneider und Siegfried Czapka
Doch auch den Start unserer Expedition zum nördlichsten Punkt Spitzbergens will das Fernsehteam dokumentieren und uns wenn möglich auch die ersten zwei Tage begleiten. Morgen am Montag werden wir aber ersteinmal die Boote holen und zum Sysselmann gehen und am Dienstag mit dem Helikopter nach Nordaustlandet zur Wetterstation fliegen. Erst wenn das erledigt ist, sind wir an der Reihe.