Die Reise mit dem Snowscooter beginnt, 31.03.2004
Der Snowscooterverleiher kennt mich noch vom Sommer. Er weiß, das ich nun
inzwischen zum dritten Mal auf Spitzbergen unterwegs bin, und war ganz
offensichtlich davon ausgegangen, daß ich auch schon mit dem Snowscooter gefahren bin.
Da allerdings hat er sich getäuscht. Als er das mitbekommt, kann er seine
Überraschung und die Zweifel an uns nicht vollständig verbergen. Wir planen
schließlich eine 300-Kilometer-Tour durch die arktische Wildnis. Doch wir lassen uns
durch seine Skepsis nicht entmutigen. Allerdings muß er uns die Geräte ganz
genau erklären, auch wie man kleinere Reparaturen durchführt und natürlich wie
man diese Höllenmaschinen überhaupt fährt.
Das Snowscooter Höllenmaschinen sind, die bis zu 110 PS haben und weit über
100 Kilometer in der Stunde schnell sein können, hatten wir zu diesem Zeitpunkt
zwar schon gehört. Doch glauben konnte ich das nicht so recht. Eine leise
Ahnung bekamen wir, als wir die ersten dieser Fahrzeuge, gesteuert von
Einheimischen, an uns vorbeirasen sahen. Manche hatten große vollbepackte Schlitten
angehängt, welche die Scooter mühelos wegziehen konnten. Das beruhigte mich, denn
auch wir brauchten für unsere Ausrüstung und mindestens 120 Liter Benzin
einen großen Schlitten.
Nachdem wir alles hatten, was wir für die nächsten Tage benötigten, wollten
wir den Rest des Tages erst einmal das Fahren üben. Wir waren uns unserer
mangelhaften Vertrautheit mit den Schneemobilen schon bewußt. Doch dieses Gefühl
war wie weggeblasen, als ich die ersten paar Kilometer hinter mir hatte. Ich
kann mich nicht erinnern, jemals mit einem fahrbaren Untersatz so viel Spaß
gehabt zu haben. Es ist denkbar einfach, so einen Motorschlitten zu bedienen. Man
muß keine Gänge einlegen, nicht schalten, gar nichts, weil die Antriebskraft
des Motors durch eine automatische Fliehkraftkupplung über einen Keilriemen auf
die Laufkette übertragen wird. Einfach nur Gas geben und los geht's! Selbst
mit dem riesigen etwa 200 Kilo schweren Schlitten ließ sich der Scooter mühelos
steuern.
In den unendlichen Ebenen Zentralspitzbergens konnten wir unsere beiden
Fahrzeuge bis auf 100 Kilometer in der Stunde beschleunigen. Allerdings sind
Bodenwellen bei diesen Geschwindigkeiten der Tod eines jeden Motorschlittenfahrers.
Und die sind im vollkommenen Weiß ringsherum gar nicht so leicht zu erkennen.
Da hilft nur langsam fahren, was einem mit zunehmender Fahrpraxis allerdings
immer schwerer fällt.
Ich hatte mir schon auf unserer Trekkingtour im Sommer 2003 vorgenommen,
Spitzbergen auch im Winter zu besuchen, um hier Fotos zu machen. Dabei gefiel mir
die Idee, die gleiche Route noch einmal zu gehen, um von den Orten, an denen
wir im Sommer waren, auch Winterbilder fotografieren zu können. Allerdings
fehlte mir für eine lange Reise die Zeit. Die Tour mit einem Snowmobil zu
wiederholen, war da eine gute wenn auch ziemlich kühne Alternative. Wir wußten nämlich
nicht, ob wir als Anfänger das teilweise schwierige Gelände mit unseren
Scootern auch würden befahren können. Meine größte Sorge war aber überhaupt nicht
mein fahrerisches Können, sondern die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge. Ich
stellte mir pausenlos vor, was wir machen würden, wenn 150 Kilometer von
Longyearbyen entfernt, mit Brennstoff und Proviant für drei Tage bei 30 Grad Frost unsere
Motorschlitten nicht mehr anspringen. Das wäre an sich nichts besonderes bei
dieser Wahnsinnskälte. Wir waren auf Gedeih und Verderb auf die Technik
angewiesen. Diese Vorstellung machte mich krank.