Erfolg am schönsten Berg der Welt! 04.05.2006

Um 14.00 Uhr erreichten Lakpa und ich, eine Stunde später auch Dieter den höchsten Punkt.

Die letzte News endete damit, daß ich mit einer Überraschung rechnete, die uns die Ama Dablam womöglich noch bereiten würde. Und wenn ich nun, nach dem wir den Gipfel erreicht haben, darüber nachdenke, dann war dieser Berg für mich eine einzige Überraschung! Die Ama Dablam wird in meine Geschichte als der maßlos unterschätzte Berg eingehen. Ich hatte viel über diesen wunderschönen Gipfel gelesen und recherchiert und wußte natürlich auch, daß kommerzielle Anbieter Klienten auf die Ama Dablam führen. Der Berg wird dann von professionellen Bergsteigern, in der Regel Sherpas, versichert, also mit Fixseilen versehen, so daß er dann auch von weniger versierten Alpinisten bestiegen werden kann. Kurz gesagt, ich hielt den Berg unter anderem deshalb für eine lösbare Aufgabe.


Lakpa in einer Querung in 6200 Metern Höhe am sogenannten Grey Tower

Wir hatten nun das Glück, die ersten Bergsteiger in diesem Jahr an der Ama Dablam zu sein. Ich bezeichne das als großes Glück, weil sich so die Möglichkeit ergab, uns die Ama Dablam selber zu erschließen. Doch mir war keinen Augenblick klar, was es eigentlich hieß, einen solch schwierigen Berg zu versichern, also eine Route bis zum Gipfel zu legen. Wir hatten 1000 Meter Fixseil dabei, 30 Schneeanker, 35 Karabiner, 30 Felshaken. Doch das dieses Material bei weitem nicht ausreichen würde, hätte ich nie gedacht. Wir brauchten unbedingt mehr Material. Und das zweite Problem waren die extrem ungünstigen Bedingungen durch die schweren Schneefälle in den ersten Tagen unseres Aufenthaltes hier am Berg. Sie machten eine Begehung des Südwestgrates im Vorstieg zu einem gefährlichem Unterfangen. Doch im Himalaya schneit es eben auch manchmal, das ist normal!


Lakpa in einer gefährlichen senkrechten Rinne unter der Mushroomridge.

So ging dann auch diese Besteigung viel langsamer voran, als geplant. Die Schweizer Expedition, die uns anfangs sowohl Material als auch einen ihrer Sherpas, Ongchu, zur Verfügung gestellt hatten, strich wegen der unabsehbaren Schwierigkeiten sehr bald die Segel. Den Schweizern ging alles viel zu langsam vorwärts, sie sahen keine Aussicht auf Erfolg und gaben vor einigen Tagen auf. Dankenswerterweise hatten sie sich aber zuvor noch um Material bemüht, welches sie uns überließen. Die Schweizer sind jetzt übrigens zum Cho Oyu umgezogen. Hoffentlich haben sie dort ein wenig mehr Geduld, sonst werden sie keines ihrer beiden Ziele erreichen können. Das Ergebnis dieses Rückziehers war aber, daß Lakpa und ich nun wieder auf uns allein gestellt waren. Es gibt zwar andere Bergsteiger hier an der Ama Dablam, aber die schauten uns nur mit ihren Ferngläsern bei der Arbeit zu. Die einzigen, die wenigstens ein paar Anstalten machten, uns zu unterstützen, waren Volker Tiller aus Halle und Axel Otto aus Cottbus.


Unser zweites Hochlager in knapp 6400 Metern ist eigentlich Lager 3. Wir haben das zweite Hochlager ausgelassen.

Die letzten drei Tage haben Lakpa und ich fast 800 m Fixseil verlegt. Vorgestern und auch gestern noch, an unserem Gipfeltag, versicherten wir die 50 - 60 Grad steilen Gipfeleisfelder oberhalb von Lager 3. Dabei mußten wir permanent mit dem Materialmangel kämpfen und andauernd improvisieren. Doch es gibt hier leider überreichlich altes Material aus vergangenen Jahren, welches wir dann eben nutzen mußten. Doch heute, nach sieben Stunden Seilfixierung bei der Lakpa wieder seine Nervenstärke zeigte, erreichten wir beide als erste in diesem Jahr um 14.00 Uhr den höchsten Punkt des wohl schönsten Berges der Erde. Etwa eine Stunde nach uns kamen auch Volker und Axel und dann auch Dieter Rülker auf dem Gipfel an. Leider verschlechterte sich das Wetter ziemlich rasch, so daß eigentlich nur Lakpa und ich noch ein paar freie Blicke auf die umliegenden Gipfel erhaschen konnten.


Ohne die Leipziger Volkszeitung, den tapir und die Alpinbau und Service GmbH hätten wir dieses Foto und die großartigen Erfahrungen an diesem Berg niemals machen können. Dafür herzlichen Dank!

Wir haben die Ama Dablam bestiegen, ihren höchsten Punkt erreicht, "bezwungen" wird dazu häufig gesagt. Aber ich habe noch nie das Gefühl gehabt, einen Berg bezwungen zu haben. Im Gegenteil! Die Berge, die ich bestiegen habe, bezwangen immer nur mich.