Der Wettergott hat es doch noch ganz gut gemeint - 16.03.2006
Nach mehr als 24stündigem Schneefall sind wir am 12. März mit allerhand
Bedenken ins Basislager aufgestiegen. Der Luftdruck war und blieb auch
niedrig, doch die Sonne schien. Daraus soll nun einer schlau werden.
Unsere Tragetiere mußten auf dem Weg als Schneepflug herhalten. Bei
bestem Wetter bauten wir am Fuß unseres Berges die Zelte auf und saßen
die nächsten beiden Tage vor dem Barometer wie das Kaninchen vor der
Schlange. Das Wetter war die ganze Zeit unsicher. Mal schneite es, dann
wieder schien die Sonne. Wir verzichteten auf ein Hochlager, wollten es
im Handstreich vom Basislager aus bis zum Gipfel schaffen. Das ist aber
keineswegs ungewöhnlich, denn fast alle, die den Island Peak zum Ziel
haben, starten ihren Gipfelversuch vom Basecamp. Doch diesmal hielt ich
für besser, auf das Hochlager zu verzichten. Bei starkem Schneefall wäre
es womöglich ein Problem geworden, es wieder vom Berg herunterzuholen.
Wir waren die ersten, die nach dem Wettersturz ins Basecamp
aufbrachen. Die anderen warteten bis unsere Yaks die Spur gezogen
hatten.
In der Nacht vom 14. zum 15. März war die Nacht sternenklar, der
Luftdruck leicht gestiegen. Um ein Uhr begannen wir zu kochen, um drei
Uhr brachen wir zu fünft auf. Einer meiner Gäste blieb im Camp zurück.
Nach etwa anderthalb Stunden Aufstieg entschlossen sich Rainer und
Günther zur Umkehr. Beide fühlten sich körperlich nicht in der Lage, den
Aufstieg erfolgreich zu Ende zu bringen und wollten zurückgehen, bevor
es Probleme geben könnte. Eine starke Entscheidung! So waren wir leider
nur noch zu dritt. Doch der ehemals zahnkranke Uwe Meiling aus
Langenbogen zeigte sein Durchhaltevermögen und kämpfte sich Meter für
Meter nach oben. Nach achtstündigem Aufstieg, nahezu am Ende seiner
Kraft stand Uwe gemeinsam mit Lakpa und mir am 15. März um 11.00 Uhr auf
dem Gipfel seiner Träume.
Mein Talismann mußte schon am Everest alles mitmachen. Nun
war er also auch auf dem Island Peak.
Doch auch der Rückweg gehört zum Bergebesteigen. Wir brauchten dafür
noch einmal fast sechs Stunden. Doch ich hatte Uwe eingeschärft, jeden
einzelnen Schritt genau zu überdenken und sich voll darauf zu
konzentrieren, egal wieviel Zeit das kostet. Und genau das tat er dann
auch. Diesen Rückweg rechne ich ihm höher an, als den Aufstieg zum
Gipfel. Kurz vor fünf Uhr erreichte er völlig erschöpft aber gesund und
voller neuer Eindrücke, das Basislager. Er hat an diesem Tag sicher eine
ganze Menge über das Bergsteigen in großer Höhe gelernt. Doch spannender
noch sind sicher die Erfahrungen an der Grenze seiner Leistungs- und
Leidensfähigkeit. Diese Erlebnisse werden ihm auch in der Ebene
weiterhelfen!
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