Schneechaos im Khumbu 11.03.2006
Irgendwie hab ich das geahnt. Seit sechs Monaten kein Niederschlag in
der Region, das konnte nicht auch den Rest der Wintermonsunzeit so
bleiben. Und tatsächlich! Seit gestern Mittag schneit es ohne
Unterbrechung. 30 cm Neuschnee sind gefallen, und es schneit
unaufhörlich weiter. Das beunruhigende dabei ist der ungewöhnlich starke
Abfall des Luftdruckes. Fast 100 Meter sind wir laut unserem Höhenmesser
in einer Nacht aufwärts geschwebt, während wir in unseren Schlafsäcken
lagen. Sämtliche Aktivitäten kommen hier nun zum erliegen.
Die Yaks haben wegen der Trockenheit nichts zum Fressen
gefunden, nun ist aber wenigstens nicht mehr so heiß.
Wir aber haben noch Glück im Unglück. Heute wollten wir hinauf ins
Basislager des Island Peaks. Doch der nächtliche Schneefall hat uns
einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir sitzen also noch unten in
der gemütlichen Lodge in Chukhung am mit Yakmist befeuerten Ofen. Ich
bin sehr froh darüber, denn wer weiß, in welche Schwierigkeiten wir
geraten wären, wenn der Wettersturz zwei oder drei Tage später
eingesetzt hätte.
Meinen Gästen geht es beim Gedanken an endlose Wartetage nicht ganz so
gut. Wertvolle Zeit verstreicht ungenutzt. Sie sind gewohnt, daß man
doch immer irgendwie etwas tun kann. In Deutschland kommt der
Schneepflug schon irgendwann. Doch hier im Himalaya in fast 5000 m Höhe
geht eben gar nichts mehr. Vielleicht noch absteigen und auf den Berg
verzichten, aber das ist die schlimmste Variante für meine Gruppe. Doch
zuerst einmal gilt es Geduld zu haben, und zu warten. Vielleicht sieht
die Welt hier oben in ein oder zwei Tagen schon ganz anders aus.
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