Der schönste Linienflug der Welt 02.03.2006

Die Inlandsflüge in Nepal sind Sichtflüge. Wenn der Pilot nichts sieht, fliegt er auch nicht, da helfen weder Geld noch gute Worte. Und das kommt relativ häufig vor. Deshalb ist der erste Blick früh morgens, wenn es nach Lukla gehen soll, der aus dem Hotelfenster. Ist es bewölkt oder gar neblig? Gestern morgen war es vollkommen klar, die Sterne funkelten früh um halb fünf am Himmel. Und darüber war ich sehr froh, denn da wir den allerersten Flug an diesem Tag hatten, versprach der bei Morgenlicht und ohne Dunst etwas ganz besonderes zu werden! Denn der Flug nach Lukla entlang der Himalayakette gilt unter Kennern als der schönste Linenflug der Welt. Und wenn man bei solchem Wetter fliegt, wie wir es gestern hatten, dann fällt es leicht, dem uneingeschränkt zuzustimmen. Wie an einer Perlenkette sind die Sechs- und Siebentausender aufgereiht. Und ein ganz spezieller ist darunter, der Gauri Shankar.


Der 7146 m hohe Gauri Shankar wird wegen seiner schönen Form und den dort lebenden Gottheiten von den Sherpas verehrt.

Er ist bis heute einer der ganz besonders heiligen Berge der Sherpas. Manche sind sogar der Meinung, daß die Sherpas ihre tibetische Heimat wegen dieses Berges verlassen haben. Sie sind ja vor mehr als fünfhundert Jahren aus Tibet kommend über die hohe Himalayakette in die Khumbu-Region eingewandert. Damals überquerten 60000 Menschen mit all ihrem Hab und Gut sowie unzähligen Yaks den 5700 m hohen Nangpa-Paß. Und man weiß bis heute nicht so recht warum. Manche Ethnologen meinen, das eben dieser Gauri Shankar die Sherpas hier her ins Khumbu gelockt hat.

So früh, wie wir gestern in Lukla waren, bin ich dort überhaupt noch nicht angekommen. Schon 7.30 Uhr saßen wir im Sherpa Kaffee und aßen Frühstück und zwei Stunden später waren unsere Träger und auch wir gestiefelt und gespornt auf unserer ersten Tagesetappe.


Lakpa vor einer großen Manimauer. Das berühmte Om mani padme hum ist hier in Stein gemeißelt, eine Lobpreisung von Padmasambawa, des wichtigsten Heiligen der Sherpareligion.

Das Wetter blieb bis zum Abend wie es war, wir hatten traumhafte Bergsichten auf den Kusum Kanguru und den Thamserku, und selbst als wir am späten Nachmittag am Tagesziel ankamen, schien die Sonne noch immer. Heute ging es nun die 600 Höhenmeter nach Namche hinauf. Hier bekommt man schon den ersten Eindruck davon, was es heißt, im Himalaya unterwegs zu sein. Namche ist das Zentrum der Khumbu-Region. Jahr für Jahr wächst die kleine Stadt im Herzen der Everest-Region umgekehrt proportional zur Anzahl der Touristen, denn die wird wegen der Probleme mit den Maoisten mit jedem Jahr geringer. Doch die Sherpas scheinen dieses Problem irgendwie zu verdrängen. Für Nepal ist das alles natürlich eine Katastrophe, denn das Land lebt inzwischen vom Tourismus. Aber vor kurzem gab es hier Wahlen, es gibt wieder Gespräche mit den Maoisten, und so bleibt zu hoffen, daß das Land über kurz oder lang doch zur Ruhe kommt.