Bei perfekten Bedingungen fällt der Startschuß, 28.06.2004
Um 10 Uhr heute morgen fiel der Startschuß für die 160 Seemeilen (300
km) lange Wettfahrt der beiden Windjammer-Giganten von Kiel nach
Bornholm. Es begann mit dem Segelsetzen. Ich hätte gedacht, das es
Stunden dauern muß, die Rahen, also die Querbalken an den Masten, an
denen die Segel hängen, in den Wind zu drehen und dann die Segel zu
setzen. Aber weit gefehlt. Die vierzig Kadetten arbeiteten wie verrückt,
zerrten an dem Wirrwarr der Taue und rannten umher wie wild gewordene
Hühner. Allerdings hatte das vermeintliche Durcheinander einen wohl
durchdachten Plan. Nach einer knappen halben Stunde war alles erledigt
und die Khersones nahm Fahrt auf. Es war für ein Landei wie mich
wirklich ein erhebender Anblick als die beiden Großsegler mit vollen
Segeln nebeneinander herfuhren.
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Die Kadetten beim Segelsetzen |
Die Sedov unter
vollen Segeln |
An Bord unseres Seglers ist einer der bekanntesten deutschen
Profisegler, Tim Kröger. Er ist der einzige Deutsche, der sowohl am
Admirals Cup, Americas Cup und dem Volvo Ocean Race teilgenommen hat.
1983 hat er den Admirals Cup gewonnen und wurde 1995 Weltmeister in der
sogenannten Admirals Cup Klasse, Mumm 36. Er wohnt mit mir in der
gleichen Kajüte und ist mein Lehrmeister in Sachen Segeln auf dieser
Tour. Warum ich das erzähle? Weil Tim Kröger genauso erstaunt ist über
die große Geschwindigkeit, mit der wir unterwegs sind, wie ich. Dass ein
so gewaltiger Windjammer so schnell segeln kann, hätte selbst er nicht
für möglich gehalten. Und Tim ist der Spezialist fürs schnelle Segeln.
Aber die Bedingungen seien wohl auch perfekt: Die richtige
Windgeschwindigkeit und vor allem die für unseren Kurs genau passende
Windrichtung treibt das mit 2700 m² Segelfläche betuchte Schiff zur
Höchstgeschwindigkeit.
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Segelass Tim Kröger |
Fertig zur Klettertour in die
Wanten |
Aber mich interessierte die Geschwindigkeit des Schiffes nicht wirklich.
Das einzige was mich die ganze Zeit beschäftigte, war der Wunsch,
unbedingt mal auf die 50 m hohen Masten zu steigen und möglichst die
oberste Rahe bis an ihr Ende hinauszuklettern und zwar mindestens bei
Windstärke 7. Und siehe da, schon heute am zweiten Tag auf See durfte
ich das ausprobieren und zwar tatsächlich bei Windstärke 6-7. Ich konnte
die ukrainischen Seeleute davon überzeugen, dass ich dazu durchaus in
der Lage bin. Nur selbst wußte ich das so genau nicht. Deshalb war ich
auch nicht böse, dass man mir Sergej, einen erfahrenen Seemann, zur
Seite stellte. Es war eine tolles Gefühl von ganz oben auf das gesamte
Schiff hinab sehen zu können, zumal bei dem Sturm alle Segel eingeholt
waren. Wenn die Segel gesetzt sind, sieht man vor lauter Segeln nichts
vom Schiff. Beim Aufstieg ist der Seemann übrigens ungesichert, beim
Segelsetzen auf den Rahen allerdings hat er die Möglichkeit, sich
einzuklinken. Das ist auch gut so. Diese ungewöhnliche Klettertour in
die Wanten eines Großseglers wird das absolute high light dieses
Segeltörns bleiben, so viel ist sicher.
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